
Untergetaucht
Hunderte Neonazis trotz Haftbefehl auf freiem Fuß
555 Neonazis und 189 „Reichsbürgern“ sind auf der Flucht – darunter viele Gewalttäter. Ein Teil der Tatverdächtigen wird bereits seit mehreren Jahren per Haftbefehl gesucht. Die Linke fordert konsequentere Strafverfolgung.
Donnerstag, 20.03.2025, 10:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.03.2025, 10:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Zahl der per Haftbefehl gesuchten Neonazis bleibt alarmierend hoch. Zum Stichtag 30. September 2024 gab es insgesamt 730 offene Haftbefehle gegen 555 Personen mit rechtsextremem Hintergrund. Das teilt die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag mit. Im Vergleich zu Zahlen aus dem Jahr 2019 ist das ein Anstieg von knapp 60 gesuchten Personen. Brisant ist, dass viele dieser Personen bereits seit Jahren gesucht werden.
Von den 730 Haftbefehlen entfallen 27 auf politisch motivierte Gewaltdelikte, darunter Körperverletzungen und Angriffe auf Vollstreckungsbeamte. Weitere 162 Haftbefehle betreffen Taten wie Volksverhetzung, das Verwenden verfassungswidriger Symbole oder Beleidigungen. Eine Vielzahl der gesuchten Neonazis wird zudem wegen allgemeiner Straftaten wie Betrug oder Diebstahl gesucht.
Linke fordert konsequente Verfolgung
„Besorgniserregend ist der hohe Anteil von 25 Prozent Gewalttäter unter den Gesuchten“, konstatierte Linke-Abgeordnete Martina Renner. Sie fordert eine konsequente Bekämpfung und Verfolgung von Hasskriminalität, um die Anzahl der Fahndungen dauerhaft zu senken. Das jedoch gehe nur, wenn man die extrem rechten Strukturen in den Blick nehme.
Erhebliche Probleme bereiten Fahndungen über Landesgrenzen hinweg. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden halten sich mindestens 103 gesuchte Neonazis mutmaßlich im Ausland auf. Die häufigsten Zielländer sind Polen, Österreich und die Schweiz. Doch auch exotische Ziele wie Paraguay, Georgien oder Malaysia tauchen in den Listen auf.
Fast 200 „Reichsbürger“ mit Haftbefehl gesucht
Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine weitere parlamentarische Anfrage der Linken hervorgeht, sucht die Polizei außerdem 189 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ mit Haftbefehlen. Gegen die Tatverdächtigen lagen insgesamt 254 offene Haftbefehle vor. Stichtag für die Auswertung war ebenfalls der 30. September.
20 dieser Haftbefehle wurden nach den Angaben des Ministeriums wegen politisch motivierter Gewaltdelikte ausgestellt, 77 wegen anderer politisch motivierter Straftaten wie Nötigung, Urkundenfälschung, Beleidigung oder Volksverhetzung. Die übrigen Haftbefehle seien „dem Bereich der Allgemeinkriminalität ohne politische Motivation zuzuordnen“. Mehr als 20 der gesuchten Reichsbürger hielten sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Ausland auf. Teilweise werden die Tatverdächtigen seit mehreren Jahren per Haftbefehl gesucht.
„Reichsbürger“ sind Einzelpersonen und Gruppierungen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich häufig auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Sie erkennen die Rechtsordnung häufig nicht an und sind teils durch Gewaltbereitschaft oder extremistische Ansichten geprägt. (mig/epd) Aktuell Panorama
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