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Nach dem Brandanschlag in Solingen (Archiv) © Mesut Zeyrek/AFP

Jahrestag: Solinger Brandanschlag

Kritik immer lauter: Ermittler haben Rassismus zu früh ausgeschlossen

Ein Jahr nach dem Brandanschlag auf ein Solinger Wohnhaus, durch den eine türkisch-bulgarische Familie den Tod fand, herrscht Unmut über die Ermittlungen. Früh hatte die Polizei eine rassistische Motivation des Tatverdächtigen ausgeschlossen – viel zu früh, wie sich nun zeigt.

Mittwoch, 26.03.2025, 12:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 26.03.2025, 12:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Mehr als 120 Menschen haben am Dienstagabend gemeinsam mit den Angehörigen der Opfer eines tödlichen Brandanschlages in Solingen am 25. März 2024 gedacht. Bei dem Anschlag auf ein Mehrfamilien-Haus nahe der Solinger Innenstadt war eine bulgarisch-türkische Familie – Katya, Galia, Emily und Kancho Zhilova bzw. Zhilov – ums Leben gekommen.

Nach Polizeiangaben gab es zwei Veranstaltungen. Zu den Teilnehmern gehörten der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) und der türkische Generalkonsul Ali Ihsan Izbul. Der Vater des getöteten Familienvaters, Emil Zhilov, dankte allen Anwesenden für ihr Kommen, ihre Unterstützung und Solidarität.

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Vorwurf an Ermittler: Rassismus nicht berücksichtigt

Ein 40-jähriger Solinger, der derzeit vor dem Wuppertaler Landgericht steht, hat die Tat gestanden, schweigt aber bislang zum Motiv. Oberbürgermeister Kurzbach forderte in seiner Ansprache bei der Gedenkveranstaltung der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) „eine grundlegende Aufklärung“.

Mitglieder des „Solinger Appell“ und des Bündnisses „Bunt statt braun“ hatten nach dem Toten-Gedenken der Ditib zu einer Kundgebung am Tatort aufgerufen. Sie warfen den ermittelnden Behörden vor, Hinweise auf eventuell rassistische Hintergründe der Tat nicht genügend zu berücksichtigen.

Landesintegrationsrat fordert ergebnisoffene Ermittlungen

Auch der Vorsitzende des Landesintegrationsrates NRW, Tayfun Keltek, kritisierte, dass die Ermittler „recht früh eine rechtsradikale Motivation“ ausgeschlossen haben. Eine mögliche rechte Gesinnung des Täters sei verneint worden. Erst aufgrund von Hinweisen von Opfervertretern im Prozess werde nun auch geprüft, ob der Anschlag rassistisch motiviert war. Keltek appelliert an die Ermittlungsbehörden in Zukunft grundsätzlich ergebnisoffen, unvoreingenommen an Fälle heranzugehen.

Die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises, Ilka Werner, die an beiden Veranstaltungen teilnahm, sprach von „angemessenen und legitimen Äußerungen von Besorgnis“, auch wenn sie nicht allen Reden zustimme. Sie wünsche sich „wachsame Dienststellen“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst.

Erinnerungen an Solingen 1993

Die Brandstiftung weckte Erinnerungen an den rassistischen Anschlag von Pfingsten 1993, als vier junge Männer aus der Neonazi-Szene in Solingen das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in Brand gesetzt hatten. Bei dem Feuer vor einem Jahr war eine vierköpfige, muslimische Familie aus Bulgarien ums Leben gekommen. Die beiden Eltern sowie ihre fünf Monate und drei Jahre alten Kinder hatten im Dachgeschoss gelebt und sich nicht mehr rechtzeitig vor den Flammen und dem Qualm retten können. Acht Menschen wurden verletzt, manche von ihnen schwer.

Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen ehemaligen Mieter, der bis Anfang 2022 in einem Hinterhaus des Objekts gewohnt hatte und dem von der Vermieterin gekündigt worden war. Bei den Ermittlungen war eine Festplatte gefunden worden, auf der sich Bilder mit rechtsradikalen Motiven befinden sollen. Die Ermittler hatten zunächst keine Hinweise für einen rassistischen Hintergrund der Tat gesehen. Die gerichtliche Bewertung des Festplattenfundes ist noch nicht abgeschlossen. Für den 4. April ist ein weiterer Verhandlungstermin angesetzt. (epd/mig) Aktuell Panorama

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