
Medien-Analyse
Kaum Nachrichten über Waffenexporte und Menschenrechtsverlertzungen – dafür Migrationspolitik
Die Initiative Nachrichtenaufklärung beobachtet eine zunehmende Themenverengung in deutschen Medien. Kleinwaffen-Exporte oder Menschenrechtsverletzungen in Flüchtlingslagern kommen viel zu kurz – dafür dominiert Migrationspolitik.
Donnerstag, 27.03.2025, 14:43 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.03.2025, 14:55 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Wichtige Themen haben es nach Einschätzung von Fachleuten zunehmend schwer, in den Medien wahrgenommen zu werden. Zu diesem Schluss kommt die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) in ihrer am Donnerstag in Köln veröffentlichten Liste mit den zehn relevantesten vergessenen Themen des vergangenen Jahres. Wichtige Nachrichten würden verstärkt durch wenige Dauerbrenner-Themen verdrängt, erklärte Hektor Haarkötter, INA-Vorsitzender und Professor für politische Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
„Wir sehen aktuell eine echte Nachrichtenschwemme in den sozialen Medien und gleichzeitig eine starke Themenverengung“, sagte er. Beispielhaft dafür sei der jüngste Wahlkampf, in dem es fast ausschließlich um Migration, Inflation und Verteidigung gegangen sei. INA-Vorstandsmitglied Marlene Nunnendorf sprach von einem verstärkten „Schwarmverhalten“ bei den Medien seit der Corona-Pandemie: Sie fokussierten sich seitdem auf weniger Themen.
Auf Platz eins der verdrängten Themen des vergangenen Jahres sieht die INA die Folgen deutscher Kleinwaffen-Exporte in Kriegsgebiete. Weltweit würden mehr als 250.000 Kinder und Jugendliche in militärischen Konflikten und kriegerischen Handlungen eingesetzt und vor allem mit Kleinwaffen ausgerüstet. Deutschland als zweitgrößter Exporteur von Kleinwaffen habe trotz internationaler Abkommen seine Rüstungspolitik nicht ausreichend angepasst. In deutschen Medien werde darüber praktisch nicht berichtet.
Kaum Meldungen über katastrophale Lage in griechischen Flüchtlingslagern
Gleiches gelte für die katastrophale Lage der Menschen im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Samos. Über die dortigen menschenunwürdigen Lebensbedingungen werde kaum berichtet, erklärte die Initiative. Ebenso hätten deutsche Medien das Verbot von Menschenrechtsorganisationen in Äthiopien im November 2024 kaum thematisiert. Deutschland habe als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates durch seine Enthaltung bei wichtigen Abstimmungen die Straflosigkeit in dem Land begünstigt.
Auf Platz vier der Liste sieht die Initiative die stark gestiegene Zahl derjenigen Menschen, die sich trotz eines Vollzeitjobs keine Wohnung leisten könnten. Zu wenig berichtet werde außerdem über die Bildungsungerechtigkeit für Pflege- und Heimkinder, die sinkende Zahl tödlicher Arbeitsunfälle, oder die unaufgearbeitete Geschichte der DDR-Vertragsarbeiter aus Mosambik.
Medizinischer Fehleinschätzungen bei Migranten
Zu den am meisten verdrängten gehört auch das Risiko medizinischer Fehleinschätzungen bei Menschen mit Migrationshintergrund. Menschen aus südländischen Ländern berichteten häufig von schmerzhaften medizinischen Erfahrungen, die durch Missverständnisse und kulturelle Unterschiede verursacht wurden. Studien zeigen, dass Diskriminierung im Gesundheitswesen systematisch auftritt und besonders Frauen, Muslime, Schwarze und Asiaten betrifft. Laut einer Studie mussten 34,4 % der Menschen mit Migrationshintergrund schon ihre Ärzte aufgrund von Diskriminierung wechseln.
Die INA veröffentlicht jährlich gemeinsam mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks eine Liste der zehn am meisten „vergessenen Nachrichten“. Die Themen werden von einer Jury aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Journalistinnen und Journalisten auf Grundlage von Vorschlägen aus der Bevölkerung gekürt. (epd/mig) Leitartikel Panorama
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Brief an Koalitionäre Migranten-Verbände fordern Kabinettsposten –…
- Schweinekopf gefunden Brandanschlag auf Wohnhaus von Syrern in Brandenburg
- Wahlverhalten Erdogan-Wähler, Putin-Wähler – und die Doppelmoral
- Historische Spurensuche Gibt es Rassismus gegen Weiße?
- Pakistan Die Uhr tickt für die afghanischen Flüchtlinge
- Voraussetzung nicht erfüllt Verfassungsgericht verwirft AfD-Antrag zu Stiftungsgeld