
Thüringen
Arbeitspflicht für Asylbewerber jetzt auch in Gera
Einige Kreise habe sie bereits: Arbeitspflicht für Asylbewerber. Nun zieht die erste kreisfreie Stadt in Thüringen nach. Die meisten Geflüchteten sind dort bereits in Arbeit oder Ausbildung. Alle anderen sollen auch arbeiten – für einen Stundenlohn von 80 Cent. Die Maßnahme ist umstritten.
Dienstag, 01.04.2025, 10:54 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.04.2025, 10:54 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Gera führt als erste kreisfreie Stadt Thüringens öffentliche und sogenannte „gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten“ zur Integration von Asylbewerbern ein. Die Tätigkeiten sollen Geflüchteten angeboten werden, teilte die Stadtverwaltung der Ostthüringer Stadt mit. Sie müssten grundsätzlich angenommen werden, eine unbegründete Ablehnung könne zur Kürzung von Leistungen führen. Dafür kämen etwa 73 Geflüchtete infrage, viele andere seien bereits in Arbeit oder Ausbildung.
Geras Oberbürgermeister Kurt Dannenberg (CDU) erklärte zu der Entscheidung: „In den letzten Jahren haben wir in Gera eine Vielzahl von Asylsuchenden aufgenommen, die vor Krieg, Verfolgung und Not geflohen sind. Wir als Stadt stehen vor der Herausforderung, diesen Menschen eine Perspektive zu bieten, sich in unsere Gesellschaft einbringen zu können.“ Er bezeichnete das Angebot von Arbeitsgelegenheiten als wichtigen Schritt nach der Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber im vergangenen Oktober.
Aufwandsentschädigung von 0,80 Euro pro Stunde
Durch gemeinwohlorientierte Arbeit werde eine Möglichkeit geschaffen, aktiv in der Gesellschaft mitzuarbeiten und ein persönliches Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln, heißt es in der Mitteilung der Stadtverwaltung. Die Arbeitsgelegenheiten würden in Zusammenarbeit mit staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern angeboten. Es handele sich um zusätzliche Aufgaben beispielsweise im Freizeit- und Sportbereich, in der Denkmalpflege, in der Landschafts- und Grünflächenpflege, im sozialen Bereich oder in Kultureinrichtungen.
Gezahlt werde eine Aufwandsentschädigung von 0,80 Euro pro geleisteter Stunde. Eine Zahlung von 0,80 Euro hatte der CDU-Landrat Christian Herrgott für Asylbewerber im Saale-Orla-Kreis als erster Thüringer Kommunalpolitiker vor gut einem Jahr eingeführt. Er nutzte eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz. Auch der Landkreis Greiz hatte im vergangenen Sommer eine Arbeitspflicht für Asylbewerber festgelegt.
Arbeitspflicht für Asylbewerber umstritten
Die Verpflichtung von Asylbewerbern zu „gemeinnütziger“ Arbeit ist umstritten. Menschenrechtler wenden ein, mit der Maßnahme werde suggeriert, als wollten Asylbewerber nicht arbeiten, sondern müssten unter Androhung von Kürzungen verpflichtet werden. Das entspreche nicht der Realität. Vielmehr sei es vielen Asylbewerbern mangels Arbeitserlaubnis nicht gestattet, einer Beschäftigung nachzugehen. Der Stundenlohn von 80 Cent sei zudem als Schikane zu betrachten. Politikern würden sich mit derlei Maßnahmen als Hardliner profilieren, um in rechten Wählerkreisen zu punkten, lautet ein weiterer Kritikpunkt.
In Gera gab es laut Stadtverwaltung Ende 2024 insgesamt 845 Asylbewerber, von den 403 bereits auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt, in einer Ausbildung, im Studium oder in Sprach- und Integrationskursen sind. 73 Menschen wären nach Auffassung der Stadt zur Aufnahme von Arbeitsgelegenheiten verpflichtet. Die Übrigen seien Kinder, Jugendliche, Schwangere oder Rentner. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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