
Asyl-Debatte
Sea-Watch reicht Beschwerde gegen Bamf-Präsidenten ein
Die umstrittenen Äußerungen von Bamf-Präsident Sommer zur Abschaffung des Asylrechts empören Politik und NGOs weiterhin. Jetzt liegt eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor. Das Innenministerium sei in der Pflicht.
Dienstag, 08.04.2025, 13:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.04.2025, 13:00 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch reagiert mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde auf Äußerungen des Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, zum Asylrecht. Sommer habe „gleich mehrere beamtenrechtliche Pflichten“ verletzt und das Vertrauen von Antragstellenden in seine Behörde erschüttert, erklärte Sea-Watch am Dienstag.
Sommer hatte vor rund einer Woche eine Abkehr vom individuellen Asylrecht zugunsten einer kontingentierten Flüchtlingsaufnahme gefordert. Der Asylrechtsparagraf aus dem Grundgesetz und die Genfer Flüchtlingskonvention, die Schutzsuchenden einen Anspruch auf ein faires Asylverfahren zusichern, „stammen aus einem anderen zeitlichen Kontext und stoßen heute an Grenzen“, sagte er bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.
Sea-Watch wirft Sommer Missachtung der und Verfassungstreuepflicht vor
Sea-Watch erklärte, sich „nach sorgfältiger rechtlicher Prüfung“ für die Dienstaufsichtsbeschwerde entschieden zu haben. „Neben der Missachtung der Neutralitäts- und Verfassungstreuepflicht verletzte Sommer unter anderem das politische Zurückhaltungs- und Mäßigungsgebot sowie die Wohlverhaltenspflicht und das Sachlichkeitsgebot“, erklärte die Organisation. Man könne nicht gleichzeitig Präsident des Bundesamtes und Grundgesetzgegner sein, fügte Sprecherin Giulia Messmer hinzu.
Die für das Bamf zuständige Aufsichtsbehörde ist das Bundesinnenministerium. Die geschäftsführende Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) hatte Sommers Vorschläge in der vergangenen Woche zurückgewiesen. „Das Asylrecht steht für die SPD nicht zur Disposition“, sagte sie.
Grüne: Innenministerium muss Vorwürfe gegen Bamf-Chef prüfen
Dass die Einlassungen des Bamf-Präsidenten eine Dienstaufsichtsbeschwerde nach sich ziehen würden, hatten die Grünen bereits am Mittwoch vergangener Woche vorausgesagt: „Wir gehen davon aus, dass das bewusste Infragestellen von tragenden Grundsätzen unserer Verfassung auch Dienstaufsichtsbeschwerden zur Folge haben wird“, sagte der Innenpolitiker Konstantin von Notz der Deutschen Presse-Agentur.
Hier stehe auch der Verdacht im Raum, dass sich Sommer mit seinen öffentlichen Äußerungen zum Asylrecht „vorsätzlich und unzulässig in die aktuellen Koalitionsgespräche einmischt“. Auch dies könne das Bundesinnenministerium, dass die Fach- und Rechtsaufsicht über das Bamf ausübt, nicht ignorieren.
Von Notz forderte daher die Hausleitung auf, die Vorwürfe gegen Sommer schnell zu prüfen und zu bewerten sowie gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Auch ein Wahlperiodenwechsel und der Umstand, dass Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aktuell nur noch geschäftsführend im Amt sei, dürften nicht dazu führen, dass diese Aufsicht faktisch nicht ausgeübt werde.
Faeser: Asylrecht steht für die SPD nicht zur Disposition
Mehrere führende Grünen- und Linken-Politiker sowie die Organisation Pro Asyl hatten den Rücktritt des Behördenleiters gefordert. In den vergangenen drei Jahren hatte sich Sommer, der das Bamf seit 2018 leitet, mit öffentlichen Äußerungen weitgehend zurückgehalten. Er galt bereits vor seiner Amtsübernahme als Asyl-Hardliner.
Faeser hatte, als sie am Dienstag auf die Äußerungen von Sommer angesprochen wurde, gesagt, der Fokus auf Kontingente für humanitäre Aufnahmen sei nicht neu. Dies sei aber „kein wirksames, alleiniges Mittel, weil sie dadurch natürlich die Migration und Kriegsflüchtlinge ja nicht wegbekommen“. Deswegen verfolge auch kein anderes europäisches Land diesen Weg. Faeser betonte: „Das Asylrecht steht für die SPD nicht zur Disposition.“ (epd/dpa/mig) Aktuell Panorama
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