
Wortbruch
Keine weiteren Aufnahmeflüge für Afghanen vor Regierungswechsel
Bevor die neue Regierung ihre Amtsgeschäfte aufnimmt, gibt es keine weiteren Charterflüge für gefährdete Afghaninnen und Afghanen. Menschenrechtsorganisationen werfen der Bundesregierung vor, die Menschen im Stich zu lassen.
Mittwoch, 23.04.2025, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.04.2025, 15:05 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Vor dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung werden keine Flüge für gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland mehr organisiert. In den kommenden zwei Wochen sei nach aktuellem Stand kein weiterer Flug geplant, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. Über den weiteren Umgang mit den gegebenen verbindlichen Aufnahmezusagen werde die künftige Bundesregierung dann zu entscheiden haben. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Vorgehen der geschäftsführenden Bundesregierung scharf.
Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 nimmt Deutschland gefährdete Menschen aus Afghanistan auf, die über in Pakistan organisierte Charterflüge einreisen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich derzeit noch 2.600 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan, die eine rechtlich verbindliche Aufnahmezusage haben und auf ihre Ausreise warten. Unter ihnen seien rund 350 Personen aus dem Ortskräfteverfahren, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums ergänzte.
Die meisten der rund 2.600 Personen in Islamabad befinden sich dem Sprecher des Auswärtigen Amtes zufolge im Visumsverfahren oder in der Sicherheitsüberprüfung. Diese müssten erfolgreich durchlaufen werden, bevor eine Einreise erfolgen könne. Die Verfahren seien nicht gestoppt worden. Die Planung der Charterflüge sei „komplex“ und setzten auch voraus, dass eine gewisse Menge von Personen das Visumsverfahren erfolgreich durchlaufen habe, erklärte der Sprecher. Am 16. April war der vorerst letzte Charterflug in Leipzig gelandet.
Menschenrechtsorganisationen werfen Regierung Wortbruch vor
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl bezeichnete die Einstellung der Rettungsflieger für bedrohte Afghaninnen und Afghanen als „Schande“. „Wenn die Menschen nicht aufgenommen werden, liefert Deutschland sie letztlich den Taliban aus, denn in Pakistan werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht bleiben können – und eine Rückkehr oder Abschiebung nach Afghanistan kann für die Menschen Folter oder gar den Tod bedeuten“, sagte die rechtspolitische Sprecherin Wiebke Judith.
Auch Amnesty International in Deutschland äußerte scharfe Kritik. „Das Leben derjenigen bedrohten Afghaninnen und Afghanen, denen die Bundesregierung explizit eine sichere Aufnahme in Deutschland versprochen hat, zählt für sie nicht“, sagte die Asien-Expertin der Organisation, Theresa Bergmann, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
Neue Regierung soll Aufnahmezusagen zurücknehmen
Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD hatte angekündigt, freiwillige Aufnahmeprogramme zu beenden. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), hatte am Dienstag zudem angekündigt, dass der neue Bundesinnenminister im Einzelnen prüfen werde, inwieweit solche Aufnahmezusagen für die gefährdeten Afghaninnen und Afghanen auch wieder zurückgenommen werden könnten. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD übernimmt die CSU die Leitung des Bundesinnenministeriums.
Seit der Machtübernahme der Taliban wurden nach Angaben des Auswärtigen Amtes mehr als 36.000 Afghaninnen und Afghanen aufgenommen, die allermeisten davon direkt nach der Rückeroberung Afghanistans durch die Islamisten im Sommer 2021. Sie kommen über verschiedene Programme. So gibt es das Ortskräfteverfahren für ehemalige lokale Mitarbeitende von Bundeswehr, Polizei, Ministerien und deutschen Organisationen. 2022 hatte die Ampel-Regierung ein Bundesaufnahmeprogramm aufgelegt, das sich unter anderem an Menschen richtet, die sich für die Demokratie eingesetzt haben oder wegen ihrer sexuellen Orientierung besonders gefährdet sind. (dpa/mig) Leitartikel Politik
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