Appell an Jamaika
Kommunen für Einzelfallprüfung bei Familiennachzug
Bisher lehnte der Städte- und Gemeindebund Familiennachzug zu Flüchtlingen strikt ab. Jetzt können sich die Kommunen zumindest eine Einzelfallbetrachtung vorstellen, der unbegrenzte Familiennachzug würde die Kommen jedoch überfordern. Wohlfahrtsverbände sind anderer Meinung.
Montag, 20.11.2017, 6:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.11.2017, 14:57 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge rückt der Städte- und Gemeindebund von seiner strikt ablehnenden Haltung ab. „Die Kommunen wollen, dass der Familiennachzug begrenzt bleibt, aber das bedeutet nicht, dass es keine Kompromisslinien geben darf“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post. Er schlug eine stärkere Einzelfallbetrachtung vor. „Es könnten zunächst nur Familienangehörige von Flüchtlingen nachziehen, die ihre Familie selbst ernähren können und eine Wohnung haben.“
Denkbar sei außerdem eine „aufgeweichte Härtefallregelung“, sagte Landsberg weiter. „Das heißt, dass zunächst nur diejenigen nachkommen dürfen, die in Syrien in den besonders gefährlichen Kriegsgebieten leben: Damaskus nein, Aleppo ja.“ Der Städtebund hatte bisher darauf bestanden, den Familiennachzug komplett weiter auszusetzen.
Keine Überforderung durch Familiennachzug
Die die Abschaffung der umstrittenen Begrenzung des Familiennachzugs kann sich der Städte-und Gemeindebund jedoch nicht vorstellen. „Das würde die Kommunen bei der schwierigen Aufgabe der Integration überfordern“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas haben Union, FDP und Grüne aufgerufen, in ihren Sondierungsgesprächen von einer weiteren Begrenzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge abzurücken. Es sei humanitär und integrationspolitisch „fatal, den Familiennachzug in Zusammenhang mit einer Aufnahmebegrenzung zu diskutieren“, so Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie wies Darstellungen, wonach Deutschland vom Familienzuzug überfordert wäre, zurück. Die hohen Prognosen in diesem Zusammenhang hätten sich nicht als realistisch erwiesen, es gebe keine sachlich tragende Begründung für eine weitere Aussetzung, sagte Lilie.
Die Kinderhilfsorganisation World Vision fordert von den Jamaika-Parteien, dass der Familiennachzug für minderjährige Flüchtlinge unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus ermöglicht wird. Gerade bei Kindern auf der Flucht und ihren Familien kann eine Koalition besonders gut zeigen, dass sie die Kinderrechte ernst nimmt. Familien müssten “ jahrelang getrennt voneinander leben – mit allen damit verbundenen Sorgen um die im Kriegsgebiet verbliebenen Familienmitglieder. Wie kann man sich in so einer Situation in eine fremde Gesellschaft integrieren – das ist unmenschlich!“, sagte Gudrun Schattschneider, Leiterin Politik von World Vision Deutschland.
Flüchtlingspolitik zentrales Konfliktthema
Die Flüchtlingspolitik ist ein zentrales Konfliktthema bei den Sondierungsgesprächen für eine mögliche Jamaika-Koalition in Berlin. Die Union will, dass Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz weiterhin keine Familienmitglieder nachholen können. Die Grünen fordern, die Aussetzung des Nachzugs zu beenden.
Die bisherige Bundesregierung aus Union und SPD hatte im März 2016 den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem (subsidiärem) Schutz für zwei Jahre ausgesetzt. Die Regelung betrifft vor allem Syrer. Mehr als die Hälfte erhält inzwischen nur noch den eingeschränkten Schutz. (epd/mig) Aktuell Politik
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