Lüneburg
Verwirrung um verlegte Weihnachtsfeier auf Lüneburger Gymnasium
Ein Gymnasium in Lüneburg hat in diesem Jahr die Weihnachtsfeier von der Unterrichtszeit auf den Nachmittag verlegt. Grund ist eine Beschwerde einer muslimischen Schülerin. So lautete eine ursprünglich vom NDR verbreitete Meldung. Jetzt widerspricht die Schule: die Verlegung ist aufgrund eines Personalwechsels erfolgt.
Mittwoch, 20.12.2017, 6:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.12.2017, 22:43 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Update: 20.12.2017, 7:54 Uhr
Schulleiter Friedrich Suhr sagte nach Angaben des Evangelischen Pressedienstes, die Feier für die Mittelstufe falle dieses Jahr aus wegen eines Personalwechsels im Kollegium. Eine grundsätzliche Entscheidung über die Abschaffung liege nicht vor. Der Schulleiter führte aus, eine muslimische Schülerin habe sich darüber beschwert, dass eine Lehrkraft das Singen von Weihnachtsliedern in einem Pflichtunterricht ansetzen wollte. Daraufhin habe er das Kollegium um eine „sensible Handhabung“ solcher Angelegenheiten in verpflichtenden Unterrichtsfächern gebeten.
Die ursprüngliche Meldung lautet:
Nach der Beschwerde einer muslimischen Schülerin veranstaltet das Lüneburger Gymnasium Johanneum in diesem Jahr keine verpflichtende Weihnachtsfeier während der Unterrichtszeit. Die Feier wird stattdessen auf den Nachmittag verlegt, und die Teilnahme ist freiwillig. Einem Bericht des NDR zufolge hatte sich die Schülerin im Vorjahr beschwert, dass die dort gesungenen christlichen Lieder nicht mit ihrem Glauben vereinbar seien. Sowohl der Evangelische Arbeitskreis der Unionsparteien als auch die evangelische Bildungsexpertin der hannoverschen Landeskirche, Kerstin Gäfgen-Track, kritisierten die Entscheidung.
Die Feier soll nach Angaben der Schule an diesem Mittwochnachmittag stattfinden. Schulrektor Friedrich Suhr sagte der Landeszeitung Lüneburg, er könne und wolle niemanden zu einer Weihnachtsfeier zwingen. Eine aktuelle Stellungnahme dazu wollte die Schule auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) nicht abgeben.
Laut Landesschulbehörde können Schulen frei entscheiden, ob und in welchem Umfang sie eine Weihnachtsfeier während der Unterrichtszeit anbieten. Grundsätzlich gebe es kaum Berichte über daraus resultierende Glaubenskonflikte, sagte Sprecherin Bianca Schöneich am Dienstag in Lüneburg dem epd. „Wir raten den Schulen allerdings dazu, dass mit glaubensbezogenen Inhalten maßvoll umgegangen werden soll“, betonte sie. „Eine Weihnachtsfeier sollte nicht den Charakter eines Gottesdienstes haben.“
Evangelische CDU/CSU-Arbeitskreis: Alarmsignal
Der Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU (EAK) sieht in der Entscheidung der Schule ein „äußerst bedenkliches Alarmsignal“. Es sei „bedauerlich und unverhältnismäßig“, wenn die Beschwerde einer muslimischen Schülerin „über das Singen christlicher Lieder am Ende dazu führt, eine jahrhundertelange und gute Schultradition in Frage zu stellen.“ Es gebe andere Möglichkeiten, hier zu einem Ausgleich unterschiedlicher religiöser Erfahrungswelten zu kommen, erklärte der Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises, Thomas Rachel.
Rachel sagte: „Wer in Deutschland lebt, kann frei und ungehindert seinen persönlichen Glauben leben.“ Diese Achtung müsse aber auch von Andersgläubigen oder Konfessionslosen dem christlichen Glauben entgegen gebracht werden, der schließlich immer noch von der Mehrheit der Deutschen geteilt und bejaht werde. „Eine Verleugnung der religiösen Wurzeln unserer Kultur wäre falsch verstandene Toleranz.“
Oberlandeskirchenrätin für religionssensible Vermittlung
Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track betonte, in Schulen müsse es eine religionssensible Vermittlung der adventlichen und weihnachtlichen Inhalte geben. Diese gehörten „zu den grundlegenden kulturellen Pfeilern unserer Gesellschaft.“ Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen basiere laut niedersächsischem Schulgesetz auch auf der Grundlage des Christentums. „Von daher sind die christlichen Grundüberzeugungen in den Schulen zur Sprache zu bringen.“
Dennoch müssten die Überlegungen von Schulen ernst genommen werden, beispielsweise Weihnachtsfeiern angesichts ihrer nicht-christlichen Lehrer und Schüler eher „besinnliches Zusammensein“ zu nennen. „Es zeigt, dass aller Advents- und Weihnachtstraditionen zum Trotz der christliche Glaube nicht mehr unhinterfragt ist.“ Allerdings dürfe die Antwort nicht der Verzicht auf Weihnachtsfeiern oder traditionelles Liedgut sein.
Schule verweist auf Schulgesetz
Nach dem NDR-Bericht beruft sich die Schule, die im Jahr 1406 als Schule der St. Johanniskirche gegründet wurde, auf das niedersächsische Schulgesetz. Darin heißt es im dritten Paragrafen, dass öffentliche Schulen grundsätzlich Schülern aller Bekenntnisse und Weltanschauungen offenstehen. In Erziehung und Unterricht sei die Freiheit zum Bekennen religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zu achten und auf die Empfindungen Andersdenkender Rücksicht zu nehmen.
Landesschulbehördensprecherin Schöneich sagte, in dem Gesetzestext gehe es vor allem darum, dass Schüler lernten, religiöse Überzeugungen anderer Schüler zu tolerieren und zu respektieren. „Diese Regelung bedeutet nicht, dass die Schule frei von religiösen Bezügen zu halten ist. Die Schule ist gehalten, diese zu vermitteln, ohne sie zu bewerten.“ (epd/mig) Aktuell Panorama
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Zitat Herr Rachel: „Diese Achtung müsse aber auch von Andersgläubigen oder Konfessionslosen dem christlichen Glauben entgegen gebracht werden, der schließlich immer noch von der Mehrheit der Deutschen geteilt und bejaht werde“
Diese Aussage möchte ich so nicht stehen lassen. Nach dieser Statistik http://www.kirchenaustritt.de/statistik waren 2016 noch rund 45 Mio Menschen Mitglieder einer der Kirchen. Aber was sagen die nackten Zahlen aus? Rein theoretisch ist die Mehrheit mit 55 % christlich sozialisiert. Mehr aber auch nicht. Die Zahlen sagen nichts über die tatsächliche Haltung der Menschen zum Christentum aus. Ein Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld: Ich kenne einige Menschen, die zwar noch Mitglied in der Kirche sind, aber überhaupt nichts mit der Kirche oder der religiösen Ideologie dahinter zu tun haben wollen. Sie sind nur zu bequem, auszutreten. Oder sie bleiben aus Rücksicht auf ihre Familie in der Kirche. Diese „Karteileichen“ werten natürlich die Mitgliedszahlen auf, mehr aber auch nicht.
Wenn man die o.a. Statistik auswertet, sind zwischen 2001 und 2016 rund 7,6 Mio Menschen aus den Kirchen ausgetreten. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass man mindestens die gleiche Summe noch einmal ansetzen kann. Wenn diese Menschen den Austritt vollziehen, ist es vorbei mit der zahlenmäßigen christlichen Mehrheit im Lande.
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