Totale Scheiße
Wie rassistische Sprache normal wird
AfD-Politiker Jens Maier hatte Noah Becker rassistisch beleidigt. Darauf folgte eine Empörungswelle. Viele Medien reproduzierten aber die rassistische Sprache nur – beiläufig und normal. Von Sami Omar
Von Sami Omar Dienstag, 23.01.2018, 6:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 24.01.2018, 18:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Ich weiß schon seit langer Zeit, dass die Welt ungerecht ist. Und doch schafft mein Geist Räume der Balance, damit ich an dieser Wahrheit nicht vergehe. Erst kürzlich dachte ich „Roger Willemsen ist tot, Jens Maier lebt.“, um dann schnell wieder an etwas Schönes zu denken. Ich glaube, es war ein Witz, den ich mir selbst erzählt habe. Sie sollten mal in meinem Kopf zu Gast sein. Da bin ich zum Totlachen komisch.
Jens Maier, Bundestagsabgeordneter der AfD, hatte Noah Becker, den Sohn des ehemaligen Tennisspielers Boris Becker, rassistisch beleidigt. Darauf folgte zunächst die erfolgreich und gezielt evozierte Empörungswelle vieler Medien, die absurderweise zu großen Teilen die rassistische Provokation reproduzierten, indem sie seine verunglimpfende Sprache übernahm.
„Zum ersten Mal habe ich direkte und unmittelbare Betroffenheit bei ihm miterlebt. Ausgelöst durch die Beiläufigkeit, Normalität und Unkommentiertheit der zitierten Beleidigung“
„Zum ersten Mal habe ich direkte und unmittelbare Betroffenheit bei ihm miterlebt. Ausgelöst durch die Beiläufigkeit, Normalität und Unkommentiertheit der zitierten Beleidigung“
Etwas später – und von vielen nicht hinreichend zur Kenntnis genommen – äußerte sich die „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ zu den Äußerungen Maiers. Wenig überraschend, dafür in großer Klarheit forderte sie von den Medien „…einen reflektierteren Umgang mit Sprache zu etablieren, welcher berücksichtigt, dass die ständige Reproduktion rassistischer Begrifflichkeiten letztlich mit dazu führen, dass Rassismen hoffähig bleiben…“.
Als ich mit meinem Sohn kürzlich den Radiosender SWR 3 hörte, wurde der Begriff, den Maier wählte, in einer Nachrichtensendung ohne Not wiederholt. Mein Sohn weiß, was Rassismus ist, er erlebt ihn selbst, ohne dafür schon genug Worte zu haben.
Doch zum ersten Mal habe ich direkte und unmittelbare Betroffenheit bei ihm miterlebt. Ausgelöst durch die Beiläufigkeit, Normalität und Unkommentiertheit der zitierten Beleidigung. Wenn es im Radio gesagt wird, dann ist es vielleicht mehr, als eine Beleidigung auf dem Schulhof, sondern schlicht Normalität – so war der Gedanke, hinter dem Gefühl.
Wie gesagt, ich weiß, dass die Welt ungerecht ist. Auch unsere Kinder lernen das. Das Beharren auf rassistische Sprache in vielen Medien vermittelt aber den Eindruck, die Debatte um rassistische Sprache selbst sei überzogen.
Und das ist, um es mit meinem Sohn zu sagen: Totale Scheiße! Aktuell Meinung
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Vielleicht muss man als informierter Bürger wissen, was der Inhalt der ‚rassistischen Beleidigung‘ durch Jens Maier war, und hat dann auch die Medienreaktion darauf verfolgt. Trotzdem wäre es für einen Artikel wie diesen sicherlich sinnvoll zu resümieren, worin die Bemerkung von Jens Maier bestand und noch vielmehr, aus welchen Gründen die mediale Berichterstattung zu einer Normalisierung solcher Bemerkungen beiträgt – oder befürchtet der Autor, allein durch erneute Benennung des verwendeten Begriffs und die ausdrückliche Beschäftigung mit dem medialen Umgang mit ihm, selbst zu einem solchen Normalisierungsprozess beizutragen??
Lieber Sami Böckler ich finde auch,Sie sollten „die Kuh“ beim Namen nennen,sonst ändert sich garnichts,weil nicht jeder weiss,wovon Sie reden.
Ich ärger mich fast tagtäglich über die drohende Verkommenheit unserer Sprache,gerade w e i l die Sprache d a s Vehikel zur Kommunikation bildet;deshalb helfen Andeutungen , wie in Ihrem Artikel wenig oder garnicht !
Nehmen Sie das nächste Mal die diskriminierenden Wörter auseinander,beschreiben Sie die Wirkung der Wörter indem sie deren Inhalt dem Anderen zurückschleudern (brutal) – oder besser – erklären Sie sachlich,warum seine Wortwahl einfach so nicht richtig sein kann und darf.
Heute kann bei uns fast jeder sagen und schreiben,was er/sie denkt.
Das ist im Grunde gut so,aber manche gehen s e h r nachlässig mit dem Wort und der Sprache um,ohne nachzudenken,was sie damit anrichten.