Twitter-Debatte über Rassismus
„Ihr würdet keinen einzigen Tag in unseren Schuhen überstehen.“ #Reichenhetze
Ein Fernsehauftritt von Sebastian Kurz hat eine Debatte über Alltagsrassismus auf Twitter ausgelöst. Unter dem Hashtag #Reichenhetze berichten Menschen über ihre Erfahrungen. Vieles davon ist „erschütternd. Ihr solltet das lesen“, schreibt ein Twitter-Nutzer. MiGAZIN dokumentiert einige ausgewählte Tweets:
Mittwoch, 24.01.2018, 6:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.01.2018, 17:27 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat mit seinem Auftritt im ARD-Talk Sandra Maischberger am Mittwoch vergangener Woche eine bis jetzt ungebrochene Debatte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ausgelöst. Unter dem Hashtag #Reichenhetze berichten zahlreiche Twitter-Nutzer über ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus. Vieles davon ist „erschütternd. Ihr solltet das lesen“, schreibt etwa Michael Bonvalot auf Twitter.
Kurz hatte auf die Frage von Maischberger, ob er sich rote Linien in der Regierung mit der FPÖ festgesetzt habe, Folgendes geantwortet: „Natürlich habe ich eine rote Linie und die gibt es nicht nur nach rechts sondern auch in andere Richtungen. Wir haben erlebt, zum Beispiel seitens anderer Parteien, dass gegen Menschen, die reich sind, die viel verdienen, gehetzt wurde. Das ist genauso falsch, wie wenn gegen andere Gruppen gehetzt wird. Insofern halte ich es für richtig und für notwendig, rote Linien zu haben.“
#reichenhetze: verständlich erklärt in nur 15 sekunden! gerne teilen. pic.twitter.com/0nOnLe29sq
— damon taleghani (@damon_taleghani) 22. Januar 2018
Ausgelöst hat die Debatte die Twitternutzerin „VannyFerrari“. MiGAZIN dokumentiert einige ausgewählte Tweets:
#reichenhetze In der vierten Klasse hat mir meine Klassenlehrerin eine Empfehlung für die Hauptschule ausgestellt. Ich war Klassenbester mit sieben Einsen und einer Zwei in Kunst. Begründung: Wieso soll er einem deutschen Kind einen Platz auf dem Gymnasium wegnehmen?!
— SiMax 🌍 ☮️ 🚭 🏳️🌈 religionsbefreit (@simax2118) 20. Januar 2018
ich, irano-deutscher, in berlin: lese in der straßenbahn ein dickes buch über lyrik. ein mann sagt zu seiner sitznachbarin: "er liest den koran." und zu mir: "ihr breitet euch aus. ihr gehört vernichtet. merk dir mein gesicht." #reichenhetze
— damon taleghani (@damon_taleghani) 20. Januar 2018
wann immer es in d klasse unruhig wurde, hat mein bio prof gesagt „ihr führt euch auf wie die neger im kongo“ 1x hat ihn wer gefragt was er gg ausländer hat „noch nix wirksames“ #reichenhetze
— vannyferrari (@vnyshkr) 19. Januar 2018
Als ich 2005 in meiner Schule als Schulsprecher kandidiert habe (einziger mit sg Migrationshintergrund), haben SchülerInnen Flipcharts mit "Der Tschusch darf nicht Schulsprecher werden!" in der Schule aufgehängt. Unangenehm. #reichenhetze
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) 20. Januar 2018
Mit braunem Kind an der Hand durch eine Innenstadt – Mann geht an mir vorbei – spuckt mir vor die Füße und keift "Negerhure" – drei Schritte weiter hat ihm eine deutlich ältere Dame deftig eine gelatscht mitten ins Gesicht mit "Flegel" #reichenhetze
— Weiße Falkin (@gabido68) 20. Januar 2018
D-Lehrerin meines Sohnes am Elternsprechtag: "Also, ihr Sohn ist in D. spitze, lauter 1'ser, aber ich kann ihm keinen 1'ser ins Zeugnis geben, da seine Muttersprache nicht Deutsch ist. Wie würde es sonst ausschauen?" #reichenhetze
— sevgi bardakci (@sevgi_bar) 20. Januar 2018
Meine Eltern hatten jahrelang ein Wirtshaus (das Salz&Pfeffer). Wolfi, ein Stammgast, meinte mal zu mir: „Du wirst hier immer Ausländer bleiben, egal wie gut dein Deutsch ist. Das weißt du eh, oder?“ Damals war ich circa zehn, hab deswegen geweint. #reichenhetze
— Alexandra Stanic (@AlexSta_) 19. Januar 2018
Mein Physiklehrer nahm mich nie dran, obwohl ich die Hand ständig oben hatte. Eines Tages meinte er, ich müsse das alles nicht wissen, weil ich dieses Land bald verlassen würde. Ich bin hier geboren. #reichenhetze
— dp (@InsightOnEnergy) 20. Januar 2018
Demente, bettlägrige Dame auf meiner Bettenstation im Spital, als der aus Sri Lanka stammende Diplomkrankenpfleger zu ihr kommt, um sie zu waschen: "Geh was arbeiten, du Asylant!" #reichenhetze
— Doc Josiah Boone🚴 (@docboone71) 19. Januar 2018
Als ich Zivi bei der Rettung gemacht habe, ist mein Fahrer immer absichtlich langsamer gefahren, wenn ein "ausländischer" Name am Display angezeigt wurde, "weil die Milosevics eh alle nur schauspielern."#reichenhetze
— Wurzelmann (@Wurzelmann) 20. Januar 2018
Wenn sich ein Bio-Ösi im Anzug vor dich drängt, obwohl du mit weinendem Kind in der Schlange stehst und auf den Hinweis, er möge sich hinten anstellen, schreit: „Oida, sei Gusch! Schleich di!“ Und alle anderen wortlos zuschauen & weiteren Beleidigungen zuhören #reichenhetze
— Dudu Kücükgöl (@duduhier) 20. Januar 2018
Ihr #reichenhetze-Suderanten: Ich find es immer höchst unterhaltsam, wie weinerlich Leute, die nie von Diskriminierung betroffen sind, sofort rummeckern, wenn mal ein Diskurs wird, der ihnen nicht passt.
Leute. Ihr würdet _keinen einzigen Tag_ in unseren Schuhen überstehen.— Sara Hassan (@sarahas_san) 20. Januar 2018
Noch mehr #Reichenhetze gibt es hier:
#reichenhetze-Tweets
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So traurig und fassungslos mich so manche beschriebenen Erlebnisse hier machen und diese auch bekämpft werden müssen.
#reichenhetze ist nichts anderes als whataboutismus.
Das eine Übel soll hier ein anderes Übel rechtfertigen.