Kriminalstatistik
Deutlicher Rückgang bei fremdenfeindlichen Straftaten
Die Kriminalstatistik verzeichnet einen leichten Anstieg antisemitischer Straftaten. Insgesamt aber wurden weniger Delikte im Bereich der Hasskriminalität registriert. Rückläufig sind auch fremdenfeindlich motivierte Straftaten oder Angriffe auf Asylunterkünfte. Von Mey Dudin
Von Mey Dudin Mittwoch, 09.05.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 15.05.2018, 17:51 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
In Deutschland ist im vergangenen Jahr die Zahl antisemitischer Straftaten leicht angestiegen. Wie aus den am Dienstag in Berlin vorgestellten Fallzahlen Politisch Motivierte Kriminalität 2017 hervorgeht, waren es 2017 mit 1.504 Fällen 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr (1.468). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte bei der Vorstellung der Statistik am Dienstag in Berlin, dass annähernd 95 Prozent dieser Straftaten rechts motiviert gewesen seien. Die sogenannten importierten antisemitischen Straftaten – die von Einwanderern begangen werden – steigen ebenfalls an, allerdings auf niedrigem Niveau.
Seehofer geht davon aus, dass viele Opfer von Antisemitismus keine Anzeige erstatten. Er versprach, sich dafür einzusetzen, dass auch antisemitische Vorfälle, die nicht strafbar sind, aber das interreligiöse Zusammenleben gefährden, künftig dokumentiert und analysiert werden. Bei der Bekämpfung des Antisemitismus „brauchen wir den breitesten Ansatz“. Hier seien auch Schulen und Bildungsbehörden gefordert. Im Innenministerium ist auch der neue Bundesbeauftragte für Antisemitismus, Felix Klein, tätig.
1.075 Straftaten haben einen islamfeindlichen Hintergrund, 129 Straftaten sind als christenfeindlich registriert. 2017 kam es zu zwei christenfeindlich motivierten vollendeten Tötungsdelikten. Im Bereich der Hasskriminalität sank die Gesamtzahl von rund 10.750 im Jahr 2016 auf knapp 8.000 im Jahr 2017. Dabei reduzierten sich die fremdenfeindlichen Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 28,4 Prozent.
Rückgang der Angriffe auf Asylunterkünfte
Die insgesamt knapp 40.000 politisch motivierten Straftaten machen laut Seehofer gemessen an der Gesamtzahl in der Kriminalstatistik nur einen Bruchteil aus. Diese „häufig aus politischem Hass begangenen Straftaten“ würden aber gesondert erfasst, „weil sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedrohen“, betonte der CSU-Politiker. „Jeder Fall in diesem Bereich ist ein Fall zuviel.“ Hier sei „null Toleranz“ nötig. Die Gesamtzahl solcher Delikte sei 2017 erstmals nach Jahren wieder zurückgegangen – um etwa fünf Prozent. Allerdings liege sie noch immer auf dem zweithöchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahre 2001.
Deutlich zurückgegangen sind die Angriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte. Gegenüber dem Vorjahr ist ein Rückgang um 68,6 Prozent auf 312 Straftaten zu verzeichnen (2016: 995). Damit hat sich der seit Februar 2016 rückläufige Trend weiter fortgesetzt. Die Zahlen liegen damit wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor der starken Einwanderung in den Jahren 2015 und 2016.
Politisch motivierte Straftaten meist rechts
„Das ist auch ein Erfolg der Maßnahmen der Sicherheitsbehörden. So konnten zuletzt nach umfangreichen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden der Gruppe Freital Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte nachgewiesen werden. Ich begrüße es, dass im März 2018 acht Mitglieder der Gruppe wegen Gründung einer und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu langjährigen Haftstrafen zwischen 5 und 10 Jahren verurteilt wurden“, erklärte Seehofer.
Mehr als die Hälfte der politisch motivierten Straftaten (20.520) werden im Bericht Tätern mit rechter Ideologie zugeordnet. Vor allem wegen der Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg gab es einen deutlichen Anstieg links motivierter Gewalttaten um mehr als 15 Prozent auf knapp 2.000. Insgesamt gab es 2017 knapp 10.000 links motivierte Straftaten.
Weniger Straftaten
Laut der ebenfalls vorgestellten Polizeilichen Kriminalstatistik sank die Gesamtzahl der Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 9,6 Prozent – von rund 6,4 Millionen auf knapp 5,8 Millionen. Separat verzeichnet sind in der Statistik auch „nichtdeutsche“ Tatverdächtige: Hier nahm die Zahl der Straftaten um 22,8 Prozent ab – von rund 950.000 auf gut 700.000. Dies hängt den Angaben nach insbesondere mit der stark gesunkenen Anzahl ausländerrechtlicher Verstöße zusammen, etwa einer unerlaubten Einreise.
Seehofer zeigte sich bei der Präsentation der beiden Statistiken erfreut darüber, dass die Gesamtzahl der Straftaten die niedrigste seit 1992 sei, und betonte: „Deutschland ist sicherer geworden.“ Gerade in Bereichen, die die Bevölkerung am meisten beschäftigten, seien die Fallzahlen signifikant gesunken. Das betreffe etwa die Zahl der Diebstähle und Wohnungseinbrüche. Zur Entwarnung gebe es aber keinen Anlass, fügte er hinzu: „Es bleibt viel zu tun.“
Enormer Anstieg bei Kinderpornografie
Der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte die Bundesregierung auf, sich für besseren Kinder- und Jugendschutz im Netz einzusetzen. Der enorme Anstieg in Deutschland bei Kinderpornografie um 14,5 Prozent und bei Jugendpornografie um 24 Prozent zeige das erschütternde Ausmaß.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik enthält keine Staatsschutzdelikte, in der Regel keine Verkehrsdelikte sowie keine Straftaten, die im Ausland begangen wurden. Auch Ordnungswidrigkeiten, Finanz- und Steuerdelikte werden darin nicht erfasst. In der Einleitung heißt es, dass die Statistik „kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit“ biete, sondern eine je nach Deliktsart „mehr oder weniger starke Annäherung an die Realität“. Staatsschutzdelikte, die sich zum Beispiel gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten, werden in den Fallzahlen Politisch Motivierte Kriminalität erfasst. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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