Oberlandesgericht München
Deutschland muss Scheidung durch Scharia-Gericht nicht anerkennen
Islamische Scheidungen vor einem Scharia-Gericht können in Deutschland nicht anerkannt werden, wenn die Eheleute deutsche Staatsbürger sind. Das entschied das Oberlandesgericht München im Fall eines syrischen Paares.
Donnerstag, 07.06.2018, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.06.2018, 17:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Islamische Scharia-Scheidungen können nach deutschem Recht nicht anerkannt werden. Einen entsprechenden Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) München bestätigte auf Anfrage des „Evangelischen Pressedienstes“ am Mittwoch die Pressesprecherin des Gerichts, Annette Neumair. Dies gelte zumindest dann, wenn beide Eheleute neben der syrischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben. (AZ: 34 Wo 146/14)
Konkret ging es um ein aus dem syrischen Homs stammendes und in Deutschland lebendes Paar. Dieses hatte 1999 in Syrien vor einem geistlichen Scharia-Gericht geheiratet. Doch die Ehe ging in die Brüche. 2013 erklärte der Mann vor dem Scharia-Gericht im syrischen Lataka einseitig die Scheidung. Nach islamischem Recht ist die Ehe dann sofort geschieden. Der Frau stand allerdings eine Entschädigung in Höhe von 17.000 Euro zu.
Frau wehrte sich gegen Scharia-Scheidung
Der Mann wollte die Scheidung auch in Deutschland anerkannt haben. Dagegen wehrte sich die Frau. Das Scheidungsverfahren in Syrien diskriminiere Frauen und dürfe in Deutschland nicht anerkannt werden.
Das OLG legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vor. Dieser urteilte am 20. Dezember 2017, dass nach der sogenannten Rom-III-Verordnung Ehescheidungen im Ausland grundsätzlich zwar anerkannt werden müssen (AZ: C-372/16). Dies gelte jedoch nur für Ehescheidungen, „die entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde beziehungsweise unter deren Kontrolle ausgesprochen werden“. Eine private Ehescheidung eines Scharia-Gerichts gehöre nicht dazu. Da die Verordnung nicht greift, komme es auf das deutsche Recht an, stellte der EuGH fest.
Nach deutschem Recht nicht geschieden
Nach deutschem Recht ist das Paar trotz der Scharia-Scheidung nicht geschieden, erklärte das OLG in seinem aktuellen Beschluss. Das Paar habe in Syrien wirksam geheiratet. Da die Eheleute zum Zeitpunkt der Scheidung Deutsche seien, gelte deutsches Recht. Eine Scharia-Scheidung sei darin nicht vorgesehen.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließ das OLG die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu. (epd/mig) Aktuell Recht
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«Dies gelte jedoch nur für Ehescheidungen, „die entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde beziehungsweise unter deren Kontrolle ausgesprochen werden“.»
In Jordanien – und vermutlich den meisten arabischen und vielen muslimischen Ländern, in denen der Islam „Staatsreligion“ ist – sind die dortigen Schari´a-Gerichte staatliche Gerichte und für Ehescheidungen von Muslimen zuständig. Es gibt dort keine andere staatliche Institution, unter deren Kontrolle oder durch die Scheidungen von Muslimen ausgesprochen werden können.
Daher stellt sich die Frage, ob jenes Schari´a-Gericht in Syrien staatlich ist oder nicht.