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Kurz statt Integrationsgipfel

Asylpolitik treibt Merkel und Seehofer weiter auseinander

Zwei Welten treffen derzeit in Berlin aufeinander. Und es scheint nicht mehr nur um die Frage von Zurückweisungen zu gehen. Während Kanzlerin Merkel Weltoffenheit predigt, schmiedet Seehofer eine neue Achse für seine Asylpolitik. Von Corinna Buschow und Mey Dudin

Von Corinna Buschow, Mey Dudin Donnerstag, 14.06.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 19.06.2018, 16:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sind Nachbarn. Von seinem Ministerbüro kann Seehofer in den Garten des Kanzleramts sehen. Spätestens seit dem neuen Krach in der Asylpolitik trennen beide aber mehr als Sicherheitszäune. Während Seehofer an neuen Bündnissen mit denen schmiedet, die Europa abschotten wollen, redet Merkel über Weltoffenheit und Integration. Welten scheinen zwischen der CDU-Chefin und dem Vorsitzenden der Schwesterpartei CSU zu liegen.

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Es ist Mittagszeit, als Seehofer gemeinsam mit dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz vor die Presse tritt. Beide verlangen einen stärken Schutz der europäischen Außengrenzen, um Flüchtlinge zu stoppen. Das ist auch Konsens mit der Kanzlerin, die Kurz am Dienstag traf.

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Gegen Merkels Kurs

Was sie noch verkünden, dürfte aber gegen Merkels Kurs sein. Seehofer berichtet von einem Telefonat mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini und dessen Wunsch nach einer stärkeren Kooperation der Regierungen in Berlin, Wien und Rom bei Fragen der Migration. „Ich habe das angenommen“, sagte Seehofer. Salvini ist ausgerechnet der Minister, der Schlagzeilen machte, weil wegen seiner Weigerung, weitere Rettungsschiffe an italienischen Häfen anlegen zu lassen, seit Tagen das Boot „Aquarius“ im Mittelmeer ausharren muss.

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Kurz, Chef der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und von Beginn an Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik, spricht von einer „Achse der Willigen“. Ziel sei eine weitere Reduzierung der illegalen Migration.

Merkel für Weltoffenheit

Etwa zeitgleich zum Treffen von Kurz und Seehofer diskutieren nebenan im Kanzleramt Vertreter von Ländern, Wirtschaft, Gewerkschaften und Migrantenorganisationen beim 10. Integrationsgipfel. Seehofer hatte seine Teilnahme abgesagt, weil ihm ein Kommentar einer teilnehmenden Journalistin über seine Heimatpolitik missfiel. Als Merkel nach dem Gipfel vor die Presse tritt, sitzt neben ihr die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz (CDU) – und eben jene Journalistin, die Seehofer so verärgert hat: Ferda Ataman.

Die Kanzlerin sagt nach dem Treffen, Deutschland wolle ein „weltoffenes“ Land sein. Freiheit, Respekt, Würde aller Menschen, der Rechtsstaat, die Gleichberechtigung von Mann und Frau seien grundlegende Werte, „die uns leiten und ohne die ein gesellschaftlicher Zusammenhalt undenkbar ist“. Bis zum Ende der Legislaturperiode soll unter Federführung der Integrationsbeauftragten ein Nationaler Aktionsplan Integration erarbeitet werden, den Ferda Ataman mit Blick auf Seehofers Asyl-Masterplan ironisch als „Masterplan Integration“ bezeichnet.

Merkel verteidigt „Heimat“

Merkel sagte, sie wolle widersprechen, wenn der Eindruck erweckt werde, dass Heimat ein Ausgrenzungsinstrument sei. „Das ist es ausdrücklich nicht.“ So habe das von Horst Seehofer geführte Heimatministerium auch die Aufgabe, sich nicht nur mit „starren Dingen“ wie dem Bauen oder der Zahl der Wohnungen zu befassen, sondern auch mit der Frage: „Was hält uns zusammen?“ Der Heimatbegriff sei somit ein „offenes Angebot des gemeinsamen Gestaltens unserer Gesellschaft“.

Ataman, die ebenfalls an der Pressekonferenz im Anschluss an den Integrationsgipfel teilnahm, sagte, eine Wertedebatte unterstelle, dass Migranten keine Werte hätten. Sie wies darauf hin, dass jedes dritte Kind in einer Einwandererfamilie lebe und betonte: „Man kann neu zugewanderte Flüchtlinge nicht am Aussehen erkennen.“ Die Debatte um Überfremdungsängste grenze viele aus, die Deutschland schon lange als ihre Heimat betrachteten.

„Achse der Willigen“

Angesprochen auf die „Achse der Willigen“ sagt Merkel, es gebe mehrere Länder, in denen viele Migranten ankämen. Neben Italien seien das auch Griechenland und Spanien. Daher müsse es viele solcher Kooperationsformen geben, nicht nur diese eine. Auf die Frage, ob es nachvollziehbar sei, dass der Innenminister wegen einer freien Meinungsäußerung in einem Artikel dem Treffen ferngeblieben sei, sagte sie: „Wir haben ja viele Freiheiten in Deutschland.“ Es sei aber sicherlich bedauerlich, „dass hier auch Gefühle geweckt wurden in diesem Kommentar“. Seehofer hatte seine Absage damit begründet, dass Ataman seine Strategie für Heimat mit dem Heimatbegriff der Nationalsozialisten in Zusammenhang bringe.

Ungelöst bleibt derweil zwischen Merkel und Seehofer auch der Streit über die Zurückweisungen bereits in einem anderen Land registrierter Flüchtlinge an der deutschen Grenze, die der Innenminister durchsetzen will. Dazu äußern wollte sich Seehofer am Mittwoch nicht. Er sagte nur, der Konflikt werde in dieser Woche weiter besprochen und nach Möglichkeit gelöst. (epd/mig) Leitartikel Politik

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