Showdown
EU-Gipfel soll eine europäische Lösung im Asylstreit bringen
Im deutschen Streit um Zurückweisungen von Asylbewerbern an der Grenze beharrt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer europäischen Lösung. Ort und Zeit für die nächste Chance darauf stehen fest: Am 28. und 29. Juni tagen die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. MiGAZIN beantwortet die wichtigsten Fragen vor dem Gipfel.
Von Phillipp Saure Freitag, 15.06.2018, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 18.06.2018, 16:36 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Worum geht es beim Gipfel?
Der Gipfel behandelt mehrere große Themen wie den EU-Haushalt und den Brexit. Ein Hauptgegenstand ist das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS). Die Staats- und Regierungschefs selbst haben sich den Gipfel als Frist gesetzt. Im Oktober 2017 vereinbarten sie, man werde „einen Konsens in der ersten Jahreshälfte 2018 anstreben“.
Was liegt auf dem Tisch?
Die EU-Kommission hat 2016 sieben Vorschläge zur Reform des GEAS geliefert. Darunter finden sich ein Gesetz zur Vereinheitlichung der Asylverfahren in Europa und der Plan einer EU-Asylagentur. Die Arbeiten an den Vorhaben sind verschieden weit gediehen. Größter Streitfall ist die Reform der Dublin-Verordnung. Sie regelt, welcher EU-Staat für einen Asylbewerber zuständig ist.
Was sind die Knackpunkte?
Aktuell trägt in der Regel das Land der Ersteinreise die Verantwortung, also vor allem Griechenland und Italien. Die EU-Kommission wollte diese durch die Reform entlasten. Ihr Vorschlag wurde mehrfach überarbeitet, auch der aktuelle Plan des bulgarischen EU-Ratsvorsitzes sieht eine Entlastung vor. Demnach würde der Grundsatz des Ersteinreise-Staates zwar beibehalten. Zugleich könnte in einem Krisenfall – wenn besonders viele Asylbewerber ankommen – der Rat eine verpflichtende Umverteilung auf die übrigen Mitgliedsländer beschließen.
Wie verlaufen die Fronten?
Grundsätzlich hat sich am Widerstand von Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei nach Diplomatenangaben nichts geändert: Sie sperren sich gegen die Möglichkeit der verpflichtenden Umverteilung. Doch auch Italien würde den Angaben zufolge dem aktuellen Vorschlag nicht zustimmen. Die dortige Regierung meine, dass sie im Normalfall die Verantwortung für Asylbewerber zu lange schultern müsse. Darüber hinaus äußerte sich zuletzt die österreichische Mitte-Rechts-Regierung grundsätzlich skeptisch. Deutschland und andere Länder wollen noch einzelne Punkte am bulgarischen Vorschlag ändern.
Was passiert, wenn die Gipfel-Einigung scheitert?
Formal können die GEAS-Gesetze einschließlich der Dublin-Verordnung durch Mehrheitsentscheidung beschlossen werden. Nicht zuletzt die Bundesregierung hat aber betont, dass bei dem heiklen Thema ein Konsens anzustreben sei. Einen Tag nach dem Gipfel endet der bulgarische EU-Ratsvorsitz. Die Bulgaren haben sich laut Diplomatenangaben „sehr konstruktiv und engagiert“ um die Dublin-Reform bemüht. Am 1. Juli übernimmt Österreich die Präsidentschaft. FPÖ-Innenminister Herbert Kickl sprach vergangene Woche bereits von einem „Paradigmenwechsel“ in der Asylpolitik. Er wolle sich statt auf die Verteilung der Flüchtlinge auf den Außengrenzenschutz und EU-Engagement in Drittländern konzentrieren.
Was folgt bei einer Einigung?
Mit Blick auf die verhärteten Fronten erscheinen die Chancen auf eine Einigung als nicht sehr groß. Der erfahrene luxemburgische Außenminister Jean Asselborn witzelte vor wenigen Tagen: „Für Ostern haben wir einen Kompromiss – ich weiß nur nicht, in welchem Jahr.“ Doch selbst wenn die Einigung beim Gipfel gelänge, wäre die Dublin-Reform damit nicht perfekt. Denn die GEAS-Gesetze werden vom Europäischen Parlament gleichrangig mitverabschiedet. Regierungen und Parlament müssten also einen Kompromiss finden. Die Parlamentsposition zu Dublin steht seit November fest – sie ist meilenweit von dem Vorschlag entfernt, der derzeit unter den Regierungen beraten wird. (epd/mig) Aktuell Politik
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