Jubel auf der "Aquarius"
Rettungsschiff legt nach Irrfahrt durchs Mittelmeer in Spanien an
Für rund 600 aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge ist eine Woche des Schreckens zu Ende. Am Wochenende erreichten einen sicheren Hafen. Die Unsicherheit aber bleibt.
Montag, 18.06.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.06.2018, 15:13 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Mehr als eine Woche nach ihrer Rettung aus dem Mittelmeer haben Hunderte Flüchtlinge endlich einen sicheren Hafen erreicht. Die 629 von der „Aquarius“ vor Libyen aus Seenot geretteten Menschen kamen am Sonntag im spanischen Valencia an, nachdem Italien den Helfern das Anlegen verweigert hatte. Auch zwei weitere Rettungsschiffen deutscher Helfer soll die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt bleiben, wie Innenminister Matteo Salvini erklärte.
An Bord der „Aquarius“ feierten die Menschen, als die spanische Küste in Sicht kam. Im Hafen wurden sie herzlich begrüßt. Die Retter und Betreuer auf dem Schiff, das von SOS Méditerranée und „Ärzte ohne Grenzen“ betrieben wird, zeigten sich erleichtert über das Ende der Odyssee. Nach zweitägiger Unsicherheit hatten sie zu Wochenbeginn die Zusage für das Anlaufen von Valencia bekommen.
„Die „Aquarius“ mit noch 106 besonders hilfsbedürftigen Flüchtlingen Bord legte am späten Vormittag in Valencia an, wie die Hilfsorganisation im Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Die anderen mehr als 500 Flüchtlinge, die die Helfer am 10. Juni aus dem Meer gezogen hatten, waren von italienischen Marineschiffen übernommen worden. Das erste, die „Dattilo“ lief bereits am Morgen in Valencia ein, die „Orione“ folgte kurz nach der „Aquarius“.
SOS Méditerranée fordert verlässlichen Rahme
SOS Méditerranée forderte die Politik auf, für künftige Einsätze einen verlässlichen Rahmen zu schaffen. Die derzeitige Lage sei absurd, sagte Geschäftsführerin Verena Papke dem epd aus Valencia. An die Zivilgesellschaft appellierte sie, weiter die Stimme zu erheben. „Wir hoffen, dass Europa weiter hinschaut“, betonte sie. „Für uns ist klar, dass wir in der Rettungszone weiter gebraucht werden.“
Kritik der früheren Berliner Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) über Vorgehen der Seenotretter wies sie zurück. John schrieb im „Tagesspiegel“ (Sonntag), die Rettung von schiffbrüchigen Flüchtlingen sei zwar unverzichtbar. Es sei aber kein Muss, unter allen Umständen einen Hafen in Europa anzusteuern, damit die Flüchtlinge sich dort als Asylbewerber registrieren lassen können. „Im konkreten Fall ist das viel näher gelegene Tunis erst gar nicht angesteuert worden“, kritisierte John. Papke betonte, Tunis sei kein nach internationalen Standards definierter sicherer Hafen.
Italiens Innenminister blockiert
Der italienische Innenminister Salvini erklärte unterdessen auf Facebook, auch die Schiffe „Lifeline“ und „Seefuchs“ müssten sich nach Rettungsaktionen andere Anlegestellen außerhalb Italiens suchen. Die Helfer wüssten, dass Italien nicht länger „Komplize im illegalen Einwanderungsgeschäft“ sein wolle. Die „Lifeline“ wird von der Mission Lifeline in Dresden betrieben, die „Seefuchs“ von der Regensburger Organisation Sea-Eye.
Für rund 40 von der US-Marine aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge zeichnet sich unterdessen eine Lösung ab: Die Menschen sollten nach tagelangem Warten nach Italien gebracht werden, meldete die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Wochenende.
Die 41 Flüchtlinge waren am Dienstag von der Besatzung des US-Kriegsschiffs „Trenton“ vor der libyschen Küste aus dem Meer gezogen worden. Die Amerikaner riefen das deutsche Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 3“ zu Hilfe, das die Geretteten übernehmen und an Land bringen wollte, dafür aber kein grünes Licht der zuständigen Rettungsleitstellen in Europa bekam. Auch die „Trenton“ musste seitdem auf die Einfahrt in einen sicheren Hafen warten. Bei dem Unglück wurden nach Angaben der Organisation Sea-Watch zwölf Leichen geborgen, vermutlich ertranken aber viel mehr Flüchtlinge. (epd/mig) Ausland Leitartikel
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Man kann die Entscheidung der Italiener zu Recht kritisieren. Gleichzeitig sollte man sich aber auch mal fragen, warum sie das getan haben.
Die Italiener sind es leid als Staat an der EU-Außengrenze mit der großen Anzahl von Bootsflüchtlingen alleine gelassen zu werden. Ein Teil der EU schaut zu, ein anderer Teil blockiert rigoros alles, was sich nach einer Aufnahme anhört. Bilaterale Abkommen wie zwischen Frankreich und Italien zeigen eher die Unfähigkeit zur Lösung auf.
Die Irrfahrt der Aquarius hätten wir verhindern können, allerdings haben wir den Zeitpunkt schon vor Jahren verpasst.
Hoffentlich verstehen es die europäischen Regierungschefs als notwendigen Weckruf, damit endlich notwendige Reformen beschlossen und umgesetzt werden.