"Man fängt an zu heulen"
Flüchtlingshilfe Lifeline findet keinen Hafen für ihr Schiff
Die Dresdner Seenotretter "Mission Lifeline" bergen Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Mehr als 900 Menschen haben sie schon gerettet. Doch derzeit kämpfen sie gegen politischen Gegenwind. Von Katharina Rögner
Dienstag, 26.06.2018, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 27.06.2018, 17:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Warten hält an. Seit die Dresdner Seenotretter der Initiative „Mission Lifeline“ am Donnerstag 234 Menschen im Mittelmeer an Bord geholt haben, finden sie keinen Hafen. Italien, Spanien und Malta verweigern der „Lifeline“ die Einfahrt. Die italienische Regierung, allen voran Innenminister Matteo Salvini von der rechtsnationalistischen Lega-Partei, scheint die Arbeit privater Seenotretter auf dem Mittelmeer beenden zu wollen. Vor wenigen Tagen kündigte er an, Schiffe von nichtstaatlichen Organisationen beschlagnahmen und die Crews festnehmen zu wollen.
„Lifeline“-Kapitän Claus-Peter Reisch erklärte am Wochenende auf Twitter: „Es scheint, dass die Weltpolitik auf dem Rücken dieser Menschen ausgetragen wird.“ In dem Video sind die Flüchtlinge auf engstem Raum an Deck zu sehen. 14 von ihnen sind Frauen, drei Kinder sind jünger als drei Jahre.
„Ich bin christlich erzogen“
Auf eine Lösung durch Spanien, wie vor einigen Tagen beim Rettungsschiff „Aquarius“, dürfen die Aktivisten nicht hoffen. Die Regierung lehnt eine Aufnahme der „Lifeline“ ab. Am 17. Juni konnten 629 Gerettete auf der „Aquarius“ nach tagelanger Irrfahrt in Valencia an Land gehen. Der spanische Minister für öffentliche Arbeiten, José Luis Ábalos, sagte allerdings am Montag, mit der Aufnahme der „Aquarius“ habe man auf das Problem aufmerksam machen wollen. Aber Spanien könne nicht die Seerettungsorganisation Europas werden.
Der Mitbegründer von „Mission Lifeline“, Axel Steier, begleitet den sechsten Einsatz der Seenotretter aus Dresden. Der 42-jährige studierte Soziologe gründete mit dem Tischler Sascha Pietsch im Mai 2016 den Verein der Dresdner Seenotretter. „Es waren die Bilder aus den Medien, die uns bewegt haben“, erinnert sich Steier.
Vor seinem Studium hatte er drei Jahre als Rettungsassistent beim Deutschen Roten Kreuz in München gearbeitet. Heute betreibt er einen kleinen Lebensmittelladen in Dresden. Doch die meiste Zeit ist er für den Verein „Mission Lifeline“ im Einsatz. „Ich bin christlich erzogen“, sagt Steier, ein sportlicher Mann mit kurz geschnittenen Haaren. „Wenn Hilfe notwendig war, haben wir geholfen.“
„Man fängt an zu heulen“
Im Herbst 2017 ging die „Lifeline“, ein 1968 in Großbritannien gebautes Forschungsschiff, auf ihren ersten Rettungseinsatz ins Mittelmeer. Es sei „immens, was man als einzelner Mensch bewegen kann“. Das wisse er spätestens, seit er „Mission Lifeline“ gegründet hat, sagt Steier.
In der Regel kreuzt das Schiff vor der libyschen Küste, zwischen 24 und 40 Meilen vom Land entfernt, in internationalen Gewässern. Fällt im Radar etwas auf, fahren die Seenotretter auf Verdacht hin. „Man fängt an zu heulen“, beschreibt Steier das Gefühl, wenn Flüchtlinge an Bord genommen werden. „Da bleibt einem der Kloß im Hals stecken.“ Diese Momente seien „eine Bestätigung, dass man etwas richtig gemacht hat“.
Mehr als 900 Personen haben die „Lifeline“-Aktivisten laut eigenen Angaben schon vor dem Ertrinken bewahrt. Sie entlasten überfüllte Schlauchboote und geben medizinische Hilfe. In einem Einsatz habe die Crew sogar ein Neugeborenes versorgt, erzählt Steier. An Bord sind neben Kapitän und Einsatzleiter vor allem Ärzte, Krankenschwestern und nautisches Personal. Die aktuelle Mannschaft zählt 17 Personen.
Das alltägliche Grauen vor Augen
Die Seenotretter kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. Manche nähmen für einen Einsatz ihren Jahresurlaub, sagt Steier. Andere seien selbstständig oder schon in Pension. Ab einem Alter von 23 Jahren dürften junge Leute mit auf eine Mission gehen. Die ältesten Seenotretter seien über 60 Jahre. Rund 100 Personen gehören derzeit zum Verein. Ein Rettungseinsatz kostet rund 24.000 Euro.
„So eine Mission ist sehr heraufordernd“, sagt Marie Naaß, die 2017 mit an Bord war. Viele würden seekrank, das Leben finde auf engstem Raum statt. Zudem müssen Extremsituationen verkraftet werden. Sie erinnert sich an einen Toten, der im Meer trieb. „Das war ein sehr trauriger Moment“, sagt sie. Es habe der Crew „das alltägliche Grauen vor Augen geführt“. Naaß, die bei der EU in Brüssel arbeitet, beschreibt ihre Motivation für „Mission Lifeline“: „Nichts zu tun, fand ich unerträglich.“
Diese Menschen hätten ein Recht darauf, in internationale Gewässer zu fliehen, sagt Steier. Sie aber etwa nach Libyen zurückzugeben, sei nicht zu verantworten. Es gebe dort keinen Rechtsstaat. Vielmehr würden die Menschen versklavt und gefoltert. Auch unter den 234 Flüchtlingen auf der „Lifeline“ seien Folteropfer und ehemalige Sklaven. (epd/mig) Aktuell Politik
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Eine humanitäre Schande für das sich glogal-freiheitlich-demokrat.
Europa! Regierungen, die vor Flüchtlingsrettungsschiffen ihre Häfen verschließen, müssen vor den Intern. Gerichtshof! für Menschenrechte!!