Flüchtlingspolitik
Kirchen und Muslime mahnen humanitäre Lösung an
Die in der EU diskutierten Flüchtlings-Pläne stoßen auf Kritik bei den Kirchen und bei Muslimen. Im Streit über die Flüchtlingspolitik ruft die Diakonie dazu auf, ganz Europa in die Pflicht zu nehmen. Muslime appellieren, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Donnerstag, 28.06.2018, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 28.06.2018, 17:29 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Streit über die Flüchtlingspolitik in Deutschland und der EU haben Kirchen und Muslime humanitäre Lösungen eingefordert. Es sei ein Ammenmärchen, den Menschen zu verkaufen, Europa an den Außengrenzen schützen zu können, sagte der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, am Mittwoch dem Sender SWR Aktuell. „Wir sehen ja schon, dass es in Deutschland mitten in Europa nicht klappt – erst recht wird es an den riesigen Außengrenzen nicht funktionieren.“ Der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), Bekir Altaş, appelliere am Mittwoch in Köln an die EU-Staats- und Regierungschefs, eine Lösung zu präsentierten, die mit universellen Menschenrechte kompatibel ist.
Der Exekutivsekretär der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME),Torsten Moritz, sagte in Brüssel, Zentren außerhalb der EU zur Flüchtlingssteuerung seien in den vergangenen 15 Jahren immer wieder vorgeschlagen und dann zu Recht verworfen worden. Die Idee sei „menschenrechtlich fragwürdig“ und werfe praktische Fragen auf, die „schwierig bis unlösbar“ erschienen, sagte Moritz dem „Evangelischen Pressedienst“.
Stolz nicht mit Scheckbuch zu kaufen
„Man hat immer wieder vorgefühlt in Afrika“, machte Moritz geltend. Bislang habe sich aber noch kein Staat zu solchen Zentren bereit gezeigt. Die afrikanischen Länder hätten „auch einen gewissen Stolz und ein Interesse an der Wahrung ihrer nationalen Souveränität“, erklärte der CCME-Exekutivsekretär. „Die Annahme, dass man die Bereitschaft einfach mit dem Scheckbuch kaufen kann, ist verfehlt.“
Diakonie-Präsident Lilie erklärte, die Politik werde über Formen von geregelter Einreise und Übernahme von Verantwortung für Asylsuchende reden müssen. Deutschland habe gute Erfahrungen mit Verteilungsschlüsseln wie dem Königsteiner Schlüssel gemacht. Es brauche eine gerechte Verteilung.
Muslime fordern gerechte Politik
Eine gerechte Flüchtlingspolitik fordert auch IGMG-Generalsekretär Altaş. Die Dublin-Regelung funktioniere deshalb nicht, weil sie die Last einseitig auf die südlichen EU-Küstenländer aufbürde. Auch eine ungerechte Flüchtlingspolitik jenseits der EU-Grenzen sei zum Scheitern verurteilt. Es sei „ungerecht, die Folgen wirtschaftlicher Globalisierung, Umweltverschmutzung sowie Waffenlieferungen rund um den Globus auszublenden und so zu tun, als trage man für Kriege und Armut in der Welt keine Verantwortung“, so Altaş weiter. Eine Politik könne nicht funktionieren, wenn sie als ungerecht empfunden werde und die „Leidtragenden immer die anderen“ sind.
Das Prinzip der Zuständigkeit der Einreisestaaten sei keine Lösung, ist auch der Diakonie-Präsident überzeugt. Außengrenzstaaten würden zu sehr belastet. „Ich glaube nicht, dass es um rein administrative Lösungen geht, sondern dass wir politisch dafür sorgen müssen, dass die Länder, die Teil der Lösung sein wollen, auch mehr vom Leben haben“, sagte Lilie.
EU diskutiert Ausschiffung
An diesem Donnerstag berät der EU-Gipfel in Brüssel über die Asyl- und Migrationspolitik. Dabei steht insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Druck, weil Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit Zurückweisungen von Flüchtlingen droht, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, sollten keine „wirkungsgleichen“ Maßnahmen auf EU-Ebene erreicht werden. Dort stockt die Reform der sogenannten Dublin-Verordnung, die auf eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen zielt. Einige Länder versuchen, den Fokus nun vor allem auf den EU-Außengrenzschutz zu lenken.
Die EU-Kommission prüft das Konzept der Ausschiffung von auf dem Mittelmeer geretteten oder aufgegriffenen Menschen in Nordafrika. Von dort könnten Schutzbedürftige zum Beispiel nach Europa gebracht und andere Migranten bei der Rückkehr in die Heimat unterstützt werden. Auch Politiker verschiedener Länder haben mit Blick auf den EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel ähnliche Ideen vorgebracht. (epd/mig) Aktuell Politik
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