Antisemitismusbeauftragter
Bundesweit Anlaufstellen für antisemitische Vorfälle geplant
Immer wieder kommt es zu antisemitischen Vorfällen und Straftaten. Der Zentralrat der Juden fordert dafür eine Meldepflicht. Körperverletzung aus politischem Hass sollte härter bestraft werden, sagt der Antisemitismusbeauftragte Klein. Geplant sind bundesweite Anlaufstellen für antisemitische Vorfälle.
Montag, 16.07.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.07.2018, 18:05 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, fordert eine Meldepflicht für antisemitische Übergriffe. Dies könne helfen, ein besseres Gesamtbild zu bekommen, sagte Schuster dem Berliner „Tagesspiegel“ und verwies auf eine hohe Dunkelziffer von Fällen. Nicht nur strafrechtlich relevante Taten sollten laut Schuster registriert werden. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, befürwortet ein Erfassungssystem für antisemitische Straftaten. Er sprach sich zudem für härtere Strafen für bestimmte Straftaten aus.
„Wir sollten überlegen, Körperverletzung, die aus dem Motiv des politischen Hasses heraus begangen wurde, schärfer als üblich zu bestrafen“, sagte Klein der Zeitung „Welt am Sonntag“. Darüber werde er mit Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) nach der Sommerpause sprechen. Anlass für den Vorstoß ist das nach Ansicht von Klein „sehr milde“ Urteil für einen Syrer, der in Berlin einen Kippa-Träger geschlagen und dafür vier Wochen Arrest erhalten hatte.
Wie Klein bereits am Freitag der „Rheinischen Post“ mitteilte, will die Bundesregierung in allen Groß- und Kreisstädten Anlaufstellen für antisemitische Vorfälle schaffen, die auch strafrechtlich nicht relevante Taten erfassen. „Mein Ziel ist es, dass wir einen Überblick bekommen, wie viele antisemitische Vorfälle es unterhalb der Strafbarkeitsgrenze gibt – wie beispielsweise Pöbeleien, Schmierereien oder Anfeindungen“, erklärte Klein.
Antisemitische Straftaten von Muslimen nicht angestiegen
„Es gibt eine hohe Dunkelziffer von Vorfällen, die nie zur Anzeige kommen. Dafür braucht es niedrigschwellige Angebote“, begründete Zentralrats-Präsident Schuster seinen Vorschlag einer Meldepflicht. Er verwies auf ein entsprechendes Meldesystem in Bayern für jüdische Gemeinden, das gerade installiert werde. „Für viele Menschen ist es einfacher, wenn sie sich nicht an eine Behörde wenden müssen“, sagte er.
Auch Klein verwies darauf, dass es eine hohe Dunkelziffer von Fällen gebe, die nicht gemeldet werden. Daher sei ein Erfassungssystem für antisemitische Straftaten notwendig, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, der seit Anfang Mai im Amt ist. Antisemitisch motivierte Straftaten durch Muslime seien indes seit der Flüchtlingskrise nicht gestiegen, sagte Klein. Das sei der eindeutige Befund der Kriminalstatistik.
Schuster: Defizite in Behörden
Schuster sieht auch Defizite bei den Strafverfolgungsbehörden. Diese gingen bei Straftaten gegen Minderheiten generell nicht konsequent genug vor. Der Münchner NSU-Prozess habe gezeigt, dass noch Handlungsbedarf bestehe. „Ich glaube, dass die Strafverfolgungsbehörden eine stärkere Sensibilität für solche Übergriffe entwickeln müssen“, sagte der Zentralrats-Präsident.
Schuster wie auch Klein sprachen sich dafür aus, stärker gegen antisemitische Vorfälle und Mobbing an Schulen vorzugehen. Lehrkräfte müssten im Umgang mit Antisemitismus geschult werden, forderte Zentralrats-Präsident Schuster. „Ich habe das Gefühl, dass viele Lehrer nicht genügend dafür sensibilisiert sind“, sagte er. Auch der Antisemitismusbeauftragte will, dass die Abwehr von Antisemitismus und Rassismus Gegenstand der Lehrerausbildung wird. „Antisemitismus an Schulen darf nicht mehr vertuscht werden“, mahnte Klein.
Die geplanten Anlaufstellen sollen Klein zufolge über einen Bundesverband als Träger organisiert und durch Mittel des Familienministeriums finanziert werden. „Zuvor müssen wir Kriterien festlegen, was als antisemitischer Vorfall gilt“, sagte Klein. „Ich hoffe, dass das System bis Ende des Jahres anlaufen kann.“ (epd/mig) Leitartikel Panorama
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„Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, befürwortet ein Erfassungssystem für antisemitische Straftaten. Er sprach sich zudem für härtere Strafen für bestimmte Straftaten aus.“
Zu befürchten ist, dass sich mit einem solchen ‚Erfassungssystem‘ eine Denunziationsbehörde etablieren könnte.
Mit „härteren Strafen für bestimmte Straftaten“ wird gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit nicht aus der Welt geschafft.
Ich wundere mich, dass der Antisemitismusbeauftragte meint, mit solch repressiven Mitteln Antisemitismus bekämpfen zu können.
Es ist genau das zu befürchten, was Ute Plass in ihrem Kommentar hier äußert, nämlich daß eine Denunzierungsbehörde etabliert werden könnte. Es stellt sich auch die Frage, ob berechtigte Kritik an bestimmten Juden, die nicht die Mehrheit darstellen, dann als „antisemitistisch“ angesehen wird.
Anstatt den Bürgern den Unterschied zwischen Judenfeindlichkeit („Antisemitismus“) und Antizionismus deutlich zu machen, versucht man, beides einander gleichzusetzen, um berechtigte Kritik an den Verbrechen des zionistischen Regimes unterbinden zu können.
„Ich glaube, daß die Strafverfolgungsbehörden eine stärkere Sensibilität für solche (in diesem Fall muslimfeindliche) Übergriffe entwickeln müssen.“ Solche Worte würden wir gern von den Vertretern der muslimischen Dachverbände hören und nicht nur vom Vorsitzenden des Zentralrats der Juden bezüglich judenfeindlicher Übergriffe.
@baboon: Ihre folgende Äußerung verstehe ich nicht:
„Es stellt sich auch die Frage, ob berechtigte Kritik an bestimmten Juden, die nicht die Mehrheit darstellen, dann als „antisemitistisch“ angesehen wird.“
Was genau wollen Sie damit sagen?
Bei folgenden Beiträgen
http://bds-kampagne.de/2018/07/14/antisemitismus-herbeischreiben-wollen-weil-keiner-zu-finden-ist/
http://der-semit.de/die-wahren-antisemitenmacher/
drängt sich mir die Frage auf, ob all diejenigen die an einer Veranstaltung der BDS teilnehmen, dann im Register der „Anlaufstellen für antisemitische Vorfälle“ festgehalten würden?
Konstruktive Maßnahmen wie
‚ Junge Juden erklären das Judentum – Likrat heißt „aufeinander zugehen“ ‚
begrüße ich sehr. Die direkte Begegnung von jungen Menschen dürfte mehr zum Abbau von Ressentiments und Vorurteilen gegenüber Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Identität beitragen als ‚Anlaufstellen für antisemitische Vorfälle‘.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/junge-juden-erklaeren-das-judentum-likrat-heisst.1079.de.html?dram:article_id=423443