Flüchtlingspolitik
Maghreb-Staaten und Georgien sollen als sicher eingestuft werden
Die Bundesregierung will die Maghreb-Staaten und Georgien als sicher einstufen und damit ein abschreckendes Signal an potenzielle Asylbewerber senden. Aus Tunesien, Marokko und Algerien kommen aber schon jetzt nicht mehr viele Menschen. Seehofer plant bereits weiteres Gesetz für mehr sichere Herkunftsländer.
Donnerstag, 19.07.2018, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 22.07.2018, 18:46 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Bundesregierung startet einen neuen Anlauf, die Maghreb-Staaten auf die Liste sicherer Herkunftsländer zu setzen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), mit dem Tunesien, Marokko und Algerien sowie die Kaukasusrepublik Georgien als sicher bewertet werden sollen. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen. Im vergangenen Jahr scheiterte die Einstufung der Maghreb-Staaten am Widerstand der Länder. Auch heute ist die Zustimmung des Bundesrats unsicher. Seehofer sagte, er rechne mit einer Entscheidung im Herbst. Bis dahin will er eine weitere Regelung vorlegen, die noch mehr Länder als sicher einstuft.
Bei Staaten, die als sicher eingestuft sind, wird in der Regel angenommen, dass Asylantragsteller dort keiner politischen Verfolgung ausgesetzt sind. Die Einstufung soll ein schnelleres Asylverfahren ermöglichen. Zudem soll eine abschreckende Wirkung davon ausgehen. Durch die „Signalwirkung“ werde mit einem Rückgang der Zahl der Asylbewerber aus diesen Ländern gerechnet, hieß es aus dem Innenministerium. Asylbewerber und Geduldete aus diesen Staaten, die spätestens am Tag des Kabinettsbeschlusses eine Ausbildung begonnen oder sicher hatten oder einer Beschäftigung nachgingen, sollen dies dem Entwurf zufolge auch fortsetzen können.
Im Vergleich zu Syrien, Irak oder Afghanistan, woher die meisten Asylbewerber in Deutschland stammen, spielen die vier Länder in der Asylstatistik eine untergeordnete Rolle. Nur Georgien stand im ersten Halbjahr 2018 auf der Liste der zehn Hauptherkunftsländern von Asylsuchenden. 2.260 Asylsuchende aus diesem Land wurden registriert. Aus den Maghreb-Staaten kamen insgesamt rund 1.750 Menschen. In diesem Jahr wären also rund 4.000 Menschen unter die Regelung gefallen. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum stellten mehr als 22.000 Syrer einen Asylantrag.
Seehofer plant weiteren Gesetzesentwurf
Seehofer zufolge ist die Einstufung der Maghreb-Staaten und Georgien nur ein erster Schritt. Er kündigte an, bis zum Herbst einen weiteren Gesetzentwurf vorzulegen, um alle Länder mit einer Anerkennungsquote von unter fünf Prozent als sicher einzustufen. Dies ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Wie viele und welche Länder dies sein werden, konnte Seehofer nicht sagen. Es seien sorgfältige Prüfungen auch durch das Auswärtige Amt erforderlich, erklärte er. Man könne sich nicht allein auf die Asylstatistik stützen.
Diese Statistik ergab für die vier aktuell in Rede stehenden Länder jeweils eine sogenannte Gesamtschutzquote von unter fünf Prozent. Die höchste Quote hatte Marokko mit 4,6 Prozent, so viele Asylanträge wurden also positiv beschieden. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke verwies allerdings auf die bereinigte Schutzquote, bei der Ablehnungen aus formellen Gründen wie etwa bei den sogenannten Dublin-Fällen herausgerechnet sind. Dann liege die Schutzquote bei allen Maghreb-Staaten bei mehr als fünf Prozent, bei Marokko sogar bei mehr als zehn Prozent, teilte Jelpke mit. In den Maghreb-Staaten seien die Rechte von Minderheiten und politischen Gegnern nicht gewährleistet, sagte sie.
Grüne dagegen, FDP dafür
Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck erklärte, Journalisten, Minderheiten und Homosexuelle seien dort nicht sicher vor Verfolgung und Haft. Er warnte davor, in der Regelung eine Hilfe für konsequentere Abschiebungen zu sehen. Dafür brauche man funktionierende Rückführungsabkommen, sagte er. Zustimmung zu Seehofers Plänen kam dagegen von der FDP. Die Regelung sei ein „überfälliger Schritt“, sagte die Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg (FDP).
Am Widerstand der von den Grünen mitregierten Länder war die Einstufung der Maghreb-Staaten im März 2017 im Bundesrat gescheitert. Gemeinsam mit dem von Linken mitregierten Brandenburg haben die Skeptiker der Regelung immer noch eine Mehrheit von 41 der 69 Stimmen im Bundesrat. Allein die Zustimmung des grün-schwarz regierten Baden-Württembergs, wo die Einstufung der Maghreb-Staaten im dortigen Koalitionsvertrag vereinbart wurde, würde damit nicht für ein Passieren des Gesetzes reichen. (epd/mig) Aktuell Politik
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