Nebenan
Verfassungsverschwörer
Der gehemmte, stets latent vorhandene Rassismus der Union findet in der AfD sein Sprachrohr, auf das er in Zukunft nicht mehr wird verzichten wollen wird. Wie sonst kann man sich die Causa Seehofer und Maaßen erklären?
Von Sven Bensmann Dienstag, 25.09.2018, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.10.2018, 10:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Karriere des Hans-Georg Maaßen und das Gezerre um seine Person nähren einen seltsamen Verdacht. Hat der Verfassungsschutz schon in der Vergangenheit die rechte Szene mit Steuergeldern aufgebaut und anschließend angestrengt den NSU ignoriert, so war es Maaßen, der im Anschluss an den NSU weiterhin keine Gelegenheit ausließ, den rechten Terror linken Aktionsformen gleichzusetzen. Dass er Kontakte tief hinein in die AfD unterhält und die Überwachung genau dieser rechtsradikalen Partei durch die Landesämter verhinderte, ist da nur eine Anekdote.
Viel interessanter ist da schon, was im Zuge der Affäre Maaßen noch ans Licht gespühlt wurde: Anders als offiziell verlautbart hatte der Verfassungsschutz nämlich Personen im Umfeld Attentäters Anis Amri positioniert. Hat der VS am Ende gar um dessen Pläne ebenso Bescheid gewusst, wie um den NSU? Hat Maaßen am Ende alles einkalkuliert, weil es seiner Politik, die rechte Szene zu verharmlosen und Vorbehalte gegen Fremde zu schüren, diente? Einem Aktenhengst wie Maaßen, der sich von rechtsaußen durch die Institutionen gearbeitet hat, ist es nach diesen letzten Tagen zuzutrauen. Dass nur Horst Seehofer und seine AfD dem Ihren nachtrauern, schafft jedenfalls kein Vertrauen.
Das so einer nicht hochkantig fliegt, sondern trotz verlorenen Vertrauens in seinem Job bleiben darf, bis in ein paar Monaten die notorisch zerstrittene Koalition einen ähnlich inkompetenten Populisten gefunden hat, derweil wohl per goldenem Handschlag auch noch die Verantwortung für die innere Sicherheit der AfD übertragen bekommt – zu Lasten des CSU-Wahlergebnisses und aller Demokraten in diesem Lande – ist schließlich der Gipfel der Häme.
Die Verachtung des Horst Seehofer für nicht nur die deutsche Bevölkerung, die er doch eigentlich schützen soll, sondern eben auch für die politische Vernunft, die ihn in diesem wichtigen Wahlkampf jener Partei schaden lässt, in deren Namen er aktuell noch auftritt, scheint, anders als seine Politik, jedenfalls keine Grenzen mehr zu kennen. Dass er dennoch seine Partei und die CDU in Geiselhaft nehmen und seinem derangierten Willen unterwerfen kann, zeugt vor allem von der lange schwelenden Schwäche der Bundeskanzlerin und der Konzeptlosigkeit der Union als Ganzer, die nicht zuletzt im Aufstieg der AfD mündete.
Denn machen wir uns eines nicht vor: die Deutschen sind heute nicht rassistischer, antisemitischer oder nazistischer als früher. Es hat lediglich eine Enthemmung stattgefunden: Wer früher rassistische Sprüche machte, geht heute „Ausländer kloppen“; wer früher nur heimlich mit der NPD sympathisierte, spricht seinen Fremdenhass heute offen aus. Der gehemmte, stets latent vorhandene Rassismus der Union findet in der AfD sein Sprachrohr, auf das er in Zukunft nicht mehr wird verzichten wollen wird.
Das bedeutet vor allem zwei Dinge:
- Die Koalition mit der SPD ist längst am Ende. Wie lange sie ungeachtet dessen formell noch bestehen bleibt, hängt einzig und allein davon ab, wie lange sich die SPD noch öffentlich vorführen und demütigen lassen will.
- Die CDU wird sich in der Folge der Bayern-Wahl, spätestens mit der Sachsen-Wahl im nächsten Jahr entscheiden müssen, wo sie steht. Ist Sie eine zivilisietere AfD, die schon immer so denkt und weiter nur ihre Ressentiments hegt, diese Gedanken offen auszusprechen, – oder ist sie die Partei einer christlichen Mitte, die Werte wie Anstand und Nächstenliebe pflegen will.
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