Flüchtlings- und Migrationspolitik
Zwei Pakte für eine bessere Welt
Die UN wollen ein würdiges Leben für Millionen Migranten und Flüchtlinge. Entscheidend wird sein, ob die Mitgliedsländer mitziehen. Rechtspopulisten machen Stimmung gegen die vereinbarten Abkommen.
Von Mey Dudin, Jan Dirk Herbermann Freitag, 23.11.2018, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 29.11.2018, 0:26 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Vereinten Nationen haben Großes vor. Die Weltorganisation will mit zwei Pakten das Los von vielen Millionen Menschen verbessern: Es sind der Globale Migrationspakt und der Globale Flüchtlingspakt. „Diese Vereinbarungen zeigen, wie gut die internationale Gemeinschaft zusammenarbeiten kann“, wirbt UN-Generalsekretär António Guterres. Die beiden Abkommen, die für die Mitgliedsländer nicht bindend sind, werden vermutlich im Dezember von einer großen Mehrheit angenommen werden, doch der Gegenwind nimmt zu.
Die Vereinten Nationen spüren Handlungsbedarf. Mindestens 60.000 Migranten kamen seit 2000 auf dem Weg in ihre Zielländer ums Leben, viele ertranken im Mittelmeer oder verdursteten in der Sahara. Hunderttausende Kinder, Frauen und Männer geraten jedes Jahr in die Fänge krimineller Schleuser und Menschenhändler. Die Karawanen, die derzeit durch Mittelamerika ziehen, symbolisieren das Chaos. In den Zielländern leben rund 260 Millionen Migranten, oft unter erbärmlichen Bedingungen. Niemals zuvor waren es mehr.
Pakt gibt 23 Ziele vor
Der „Globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration“ soll nun dafür sorgen, dass Menschen legal und gefahrlos in aufnahmebereite Staaten gelangen. Dort sollen sie nicht ausgebeutet und besser integriert werden. „Die Umsetzung des Migrationspaktes wird Sicherheit, Ordnung und ökonomischen Fortschritt für alle Beteiligten bringen“, verspricht Louise Arbour, die UN-Sonderbeauftragte für Migration.
Die 23 vorgegebenen Ziele reichen von der Ausstellung gültiger Papiere über Grundleistungen wie medizinische Nothilfe bis zum koordinierten Management der Grenzen durch die Staaten. „Der Migrationspakt ist wie ein Katalog, aus dem sich die Staaten dasjenige aussuchen werden, was sie umsetzen können und wollen“, erläutert der Politikdirektor der Internationalen Katholischen Kommission für Migration in Genf, Stephane Jaquemet. Jeder Staat werde selbst bestimmen, wie und ob er die Vorgaben implementiert.
Gegner mehren sich
Obwohl der Pakt auch laut dem Auswärtigen Amt „in der nationalen Rechtsordnung keine Rechtswirkung“ entfaltet, mehren sich international die Gegner. Die USA, Österreich, Ungarn und weitere Staaten lehnen das Abkommen ab. Die Neinsager befürchten, dass der Pakt die nationale Souveränität aushöhlen könnte.
In Deutschland prägten zunächst Rechtspopulisten die Debatte. Sie behaupten, dass der Pakt Millionen von Menschen aus Krisenregionen anstiften würde, sich auf den Weg zu machen. Sie schüren Ängste vor einer „Einwanderung in die Sozialsysteme“ und davor, dass das Abkommen durch die Hintertür doch völkerrechtlich verbindlich werden könnte – zum Beispiel durch Gerichtsurteile.
Zustimmung bröckelt
Auch aus der CDU kommen skeptische Töne. Gesundheitsminister Jens Spahn, der den Vorsitz der Partei anstrebt, sprach sich für eine genaue Prüfung aus. Die Bundesregierung muss ebenso Kritik einstecken: Oppositionspolitiker werfen ihr vor, nicht ausreichend über das Abkommen aufgeklärt zu haben. Bundeskanzlerin Merkel weist die Kritik zurück.
Der „Globale Pakt für Flüchtlinge“ wird in Deutschland nicht so heftig angefeindet wie der Migrationspakt. International aber bröckelt die Zustimmung auch zum Flüchtlingspakt. Bei einer Abstimmung über das Abkommen in einem UN-Ausschuss blieben 13 Länder fern, drei enthielten sich und die USA stimmen dagegen. Zwar votierten 176 Länder mit Ja, darunter die EU-Staaten. Bis vor wenigen Wochen aber waren noch alle UN-Mitgliedsländer an Bord.
UN: Pakt alternativlos
Angesichts der zunehmenden globalen Flüchtlingsbewegungen sehen die UN zu dem Pakt keine Alternative. Mittlerweile befinden sich 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht, ein neuer Höchststand. „Die Lasten werden oft durch die Länder getragen, die am wenigsten dafür ausgestattet sind“, erklärt der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi. Arme Aufnahmeländer sollen nun mehr Hilfen erhalten. Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge leben derzeit in den Ländern des Südens.
Die Flüchtlinge sollen laut dem Pakt einen besseren Zugang zu Schulen und zum Gesundheitswesen erhalten. Zudem soll die Jobsuche erleichtert werden. Beide Abkommen, der Flüchtlingspakt und Migrationspakt, zeigen Wege hin zu einem besseren Leben für Millionen Menschen auf. Ab Dezember wird es an den Staaten liegen, ob der Weg auch beschritten wird. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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