Brandenburg
Verurteilter Neonazi auf freiem Fuß wegen Justizversagen
Der ehemalige NPD-Politiker Maik Schneider wurde zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, eine geplante Flüchtlingsunterkunft angezündet zu haben. Jetzt ist er trotzdem frei, weil die Justiz zu langsam war – und wird deshalb wohl auch noch milder bestraft.
Von Birol Kocaman Montag, 07.01.2019, 5:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.01.2019, 17:24 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die knappe Begründung des brandenburgischen Oberlandesgerichts ist eine schallende Ohrfeige für die rot-rote Landesregierung. Ausgerechnet der ehemaliger NPD-Politiker Maik Schneider ist aufgrund eines Justizversagens wieder auf freiem Fuß.
„Die Aufhebung des Haftbefehls erfolge im Hinblick auf mehrere vermeidbare Verfahrensverzögerungen durch die Justiz“, erklärte das Oberlandesgericht. So habe es fast sechs Monate gedauert, bis eine schriftliche Urteilsbegründung zugestellt war.
Besonders brisant: Auch bei einer Verurteilung wird Maik Schneider aufgrund des Justizversagens vermutlich nicht mehr das volle Strafmaß bekommen. Er kann also auf eine mildere Verurteilung hoffen, weil die Justiz nicht gut gearbeitet hat.
Seit drei Jahren in Untersuchungshaft
Dem früheren NPD-Stadtverordneten Maik Schneider wird vorgeworfen, im August 2015 eine Turnhalle in Nauen aus fremdenfeindlichen Motiven in Brand gesetzt zu haben. In dem Gebäude, das vollständig ausgebrannte, sollten Flüchtlinge untergebracht werden. Der Sachschaden betrug rund 3,5 Millionen Euro. Schneider und weitere Angeklagte hatten die Vorwürfe zum Teil bestätigt.
Im Februar 2017 wurde er vom Landgericht Potsdam wegen des Anschlags und weiterer Straftaten zunächst zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil wurde wegen Befangenheit eines Schöffen aufgehoben, deswegen läuft derzeit ein Revisionsverfahren. (Az.: 3 StR 559/17). Weil es dabei zu Verzögerungen gekommen ist, hob das brandenburgische Oberlandesgericht den Haftbefehl gegen den Neonazi wegen der langen Verfahrensdauer am Donnerstag auf und ordnete seine Freilassung an. (Az.: 1 Ws 203/18)
Justizminister bedauert Freilassung
Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) bedauert die Freilassung Schneiders. Er könne nicht erklären, wieso die Zustellung des Urteils an Schneider ein halbes Jahr gedauert habe, sagte Ludwig. „Ich weiß, dass jeden Tag schwer gearbeitet wird in der brandenburgischen Justiz, und deswegen sind solche Einzelfälle besonders ärgerlich.“
Die Gerichtsentscheidung werde viele demotivieren, die sich jeden Tag auf der Straße und in den Ämtern gegen rechts einsetzen, sagte Ludwig im RBB-Inforadio. Schneider werde der Strafverfolgung nicht entgehen, betonte der Justizminister. Allerdings könne es sein, dass ihn nun nicht das volle Strafmaß treffe, das möglich gewesen wäre. (mig/epd) Leitartikel Recht
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