Hass im Internet
Widmann-Mauz kritisiert „Falschmeldungen“ in Flüchtlingsdebatten
Hass und Falschmeldungen im Internet stellen Journalisten vor Probleme und vergiften das politische Klima. "Manchmal hat man den Eindruck, je größer der Unsinn, desto größer die Verbreitung", sagt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.
Freitag, 11.01.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 14.01.2019, 21:07 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Themen Migration, Islam und Flüchtlinge sind nach Meinung der Integrationsbeauftragten Annette Widmann-Mauz (CDU) im Internet zum „Spielfeld für Unwahrheiten“ geworden. „Manchmal hat man den Eindruck, je größer der Unsinn, desto größer die Verbreitung“, sagte sie am Donnerstag bei der Civis Medienkonferenz in Berlin. Leider blieben Falschmeldungen und Halbwahrheiten nicht auf Filterblasen beschränkt, sondern flössen zunehmend in öffentliche Debatten mit ein.
Die Stilmittel der Populisten – Vereinfachung, Stilisierung von Konflikten, Polarisierung – seien auch Stilmittel von Sensationsjournalismus, betonte Widmann-Mauz und verwies darauf, dass Online-Medien auch durch Klickzahlen Reichweite erzielten. Kritik übte sie daran, dass die vermeintliche Straftat eines Flüchtlings bundesweit schon eine Nachricht sei, nur weil es sich um einen Flüchtling handele.
Die Civis Medienkonferenz befasste sich unter dem Titel „Medien Revolution: Wer spricht denn da? – Alternative Wirklichkeit im Zeitalter kreativer Zerstörung“ mit den Herausforderungen für Journalisten im Zeitalter der Digitalisierung. Die Berliner Kommunikationswissenschaftlerin Ulrike Klinger sagte, dass Algorithmen nicht neutral seien, sondern diskriminierten und Stereotypen verfestigten. Falsche Informationen würden sich zudem schneller und weiter verbreiten, weil sie einen höheren Neuigkeitswert hätten.
Pseudojournalistische Anbieter
Der Schweizer Medienforscher Mark Eisenegger hob hervor, dass zunehmend pseudojournalistische Anbieter auf den Markt kämen, während bei den professionellen Medien gespart werde. Das erschwere die Arbeitsbedingungen der professionellen Journalisten. Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen riet, dass Medien künftig verstärkt deutlich machen müssten, wie sie recherchiert hätten. Transparenz sei die neue Objektivität.
Der Deutsche-Welle-Intendant Peter Limbourg thematisierte russische Propaganda in Deutschland. Die Speerspitze seien RT Deutsch und Sputnik News. Beide sähen sich als Teilnehmer an einem Informationskrieg, gäben vor über fehlende Aspekte zu berichten, die hiesige Medien vermeintlich unterschlagen. Er kritisierte, dass die Berichterstattung tatsächlich darauf abziele, durch „falsche, verzerrte und verkürzte Darstellung, systematisch einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben“.
Folgen für den Wertediskurs
Limbourg wies zugleich darauf hin, dass sich weite Teile der türkisch-, arabisch- und russischsprachigen Gemeinschaften mehr über Angebote des türkischen Senders TRT, des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera und des Kanals Russia 24 informierten als über deutsche Medien. In einer Studie von 2016 habe sogar eine Mehrheit der Russlanddeutschen angegeben, russischen Medien mehr zu vertrauen als den deutschen. Das bleibe nicht ohne Folgen für den Wertediskurs und für die Integration.
Limbourg mahnte darüber hinaus, dass die deutschen Medien nach dem Skandal um den „Spiegel“-Mitarbeiter Claas Relotius wieder Vertrauen herstellen müssten. Eine sinnvolle Konsequenz wäre, künftig deutlich weniger Journalistenpreise auszuloben, sagte er. Am Ende sei die einzig wichtige Auszeichnung für Journalisten die Aufmerksamkeit – und diese beruhe auf Vertrauen. Der „Spiegel“ hatte im Dezember offengelegt, dass Relotius im großen Umfang eigene Geschichten manipuliert hat. Er war für seine Texte vielfach ausgezeichnet worden. (epd/mig) Aktuell Politik
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