Deutschlands neue Körpersprache
Arbeitserlaubnis statt Arbeitsverbot für Ausländer
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist ein Paradigmenwechsel, es stellt ein jahrzehntelanges Grundprinzip des deutschen Ausländerrechts auf den Kopf. Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Thomas K. Bauer, Vorsitzender des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration
Von Thomas K. Bauer Donnerstag, 24.01.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 27.01.2019, 20:56 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Kurz vor der Weihnachtspause hat die Bundesregierung im Kabinett ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) auf den Weg gebracht. Die Berichte darüber hoben die neuen Möglichkeiten hervor, die das FEG beruflich qualifizierten Fachkräfte bietet, um nach Deutschland zu kommen. Denn das geplante Gesetz soll es erleichtern, im Ausland bereits fertig ausgebildete Fachkräfte anzuwerben und Fachkräfte mit beruflicher Qualifikation in Deutschland selbst auszubilden.
Außerdem sollen für diejenigen im Ausland ausgebildete Fachkräfte, deren Ausbildung nicht als gleichwertig zu deutschen Standards anerkannt werden kann, Anwerbung und Einwanderung in die Ausbildung erleichtert und Strukturen der Nachqualifikation ausgebaut werden.
Das alles ist wichtig – zu einem „echten“ Einwanderungsgesetz wird das FEG jedoch erst, weil es einen Paradigmenwechsel vornimmt, der Beachtung verdient: Es erklärt die Erwerbstätigkeit von Ausländerinnen und Ausländern zum Normalfall. Im Gesetz vorgesehen ist eine Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu einer Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Was sich nach einer rechtstechnischen Nebensächlichkeit anhört, ist in der Tat ein Paradigmenwechsel. Ein jahrzehntelanges Grundprinzip des deutschen Ausländerrechts wird dadurch vom Kopf auf die Füße gestellt.
Bislang ist es Ausländerinnen und Ausländern aus Drittstaaten, die sich in Deutschland legal aufhalten, grundsätzlich verboten zu arbeiten. Von dieser Regel wurden allerdings im Laufe der Zeit zahlreiche Ausnahmen formuliert, die es verschiedenen Gruppen gestatten, erwerbstätig zu sein. Durch das FEG wird diese Realität nun auch rechtlich nachvollzogen: Künftig gilt der Grundsatz, dass eine Erwerbstätigkeit von Ausländerinnen und Ausländern gestattet ist. Von dieser Regel werden dann, wo erforderlich, Ausnahmen formuliert.
Das FEG macht damit so etwas wie eine rechtliche Entschlackungskur möglich. Zahlreiche Normen, die erforderlich waren, um bestimmten Gruppen von in Deutschland lebenden Drittstaatsangehörigen eine Erwerbstätigkeit abweichend von dem Grundsatz des Arbeitsverbots doch zu gestatten, können ersatzlos gestrichen werden. Wichtiger aber noch als dieser Beitrag zum Abbau rechtlicher Komplexität im Migrationsrecht ist das damit verbundene Signal.
Denn Gesetze sind nun einmal mehr als die darin kodifizierten kollektiv bindenden Regelungen. Sie sind, so hat Rita Süssmuth einmal gesagt, Teil der ‚Body Language‘ eines Landes. In ihnen drückt sich die grundsätzliche Haltung eines Landes gegenüber Einwanderung aus. Das FEG betrachtet die Erwerbstätigkeit von in Deutschland lebenden Drittstaatsangehörigen nun nüchtern als Normalfall.
Damit werden eine gesteuerte und dabei an den Interessen des Einwanderungslandes ausgerichtete Einwanderung und die Erwerbstätigkeit der Eingewanderten für Deutschlands Wirtschaft und Deutschlands Wohlstand als wichtig eingestuft. Indem es selbstverständlich von diesem Nutzen ausgeht, erkennt es die Leistung der Ausländerinnen und Ausländer an. Das FEG reiht sich hier in die Einwanderungsgesetze anderer Einwanderungsländer ein: Einwanderungsgesetze sind überwiegend am Nutzen für die aufnehmende Gesellschaft ausgerichtet. Aktuell Meinung
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Ein Gesetz mit dem der Staat Zwangsarbeit (mindestens 35 Stunden) für einen Teil seiner Einwohner einführt mit dem Begriff „Arbeitserlaubnis“ zu beschreiben zeugt von einem echten Sachverständigen für Integration.
Es ist doch mehr als ärgerlich, dass der Vorsitzende des Sachverständigenrates den Eindruck erwecken möchte, als ob der Großteil der legal aufhältigen Drittsausländer ein Arbeitsverbot hätte.
Abgesehen von marginalst kleinen Gruppen, kann jeder legal aufhältige – also mit einem Aufenthaltstitel ausgestatteter Ausländer – einer Beschäftigung nachgehen.
Das Arbeitsverbot gilt nur für diejenigen, die sich entweder ganz am Anfang des Asylverfahrens befinden, oder diejenigen wenigen, denen aktiv die Arbeit untersagt wurde, weil sie über ihre Identität getäuscht haben.
Solche Aussagen, von eben solchen Stellen, gießen Öl ins Feuer und verhindern eine sachliche Debatte,