Starker Rückgang
Deutschland gewährt weniger Jesiden Asyl
Immer weniger Jesiden erhalten in Deutschland Asyl. Das räumt die Bundesregierung ein. 2018 hatten nur noch 60 Prozent aller Anträge Erfolg, 2015 lag die Quote noch bei 97 Prozent. Innenpolitikerin Jelpke befürchtet, dass die positiven Entscheidungen aufgrund von politischer Stimmungsmache fallen.
Montag, 11.02.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 14.02.2019, 16:47 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Deutschland nimmt immer weniger Jesiden als Flüchtlinge auf. 2018 hatten noch 60 Prozent der Mitglieder dieser religiösen Minderheit in Deutschland mit ihren Asylanträgen Erfolg. Das geht aus einer Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die dem „Evangelischen Pressedienst“ vorliegt. 2017 hatten 85 Prozent der Asylsuchenden Jesiden Erfolg.
Die Anerkennungsquote geht seit Jahren zurück. 2015 lag sie noch bei 97 Prozent und 2016 bei 95 Prozent. In absoluten Zahlen erhielten laut Antwort der Bundesregierung im vergangenen Jahr 5.349 Jesiden eine positive Entscheidung auf ihren Antrag, die meisten davon stammten aus dem Irak, viele auch aus Syrien.
Als Grund wurde genannt, dass Jesiden inzwischen häufiger aus vermeintlich sicheren Ländern wie Russland, Georgien und der Türkei nach Deutschland kämen und somit geringe Aussicht auf Erfolg hätten. Viele blieben auch in Flüchtlingslagern in Ländern wie der Türkei. Zudem geht die Bundesregierung dem Bericht zufolge davon aus, dass Jesiden in der als sicher eingestuften kurdischen Region im Irak nicht verfolgt werden. Deshalb würden Asylbewerber von dort nicht mehr in Deutschland anerkannt.
Jelpke vermutet Zusammenhang mit Bremer Asyl-Affäre
Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, vermutet überdies einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang und der Asyl-Affäre in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Auffällig sei, dass der Einbruch der Gesamtschutzquote bei Jesidinnen und Jesiden zeitlich mit dem sogenannten Bremer Bamf-Skandal zusammenfalle, in dem es auch vornehmlich um jesidische Asylsuchende gegangen sei, vermerkte die Linkspartei.
In Bremen soll die ehemalige Bamf-Chefin aus humanitären Gründen vor allem Jesiden als Asylbewerber anerkannt haben, ohne den Sachverhalt konkret zu prüfen. Jelpke: „Sollte hier wirklich ein Zusammenhang bestehen, dann ist das ein ausgemachter Skandal.“ Jesiden seien auch heute nicht sicher. Viele von ihnen seien vor Genozid, Versklavung und Ermordung durch die Terrormiliz ISIS geflohen und seien schwerstens traumatisiert. „Dennoch werden immer mehr Asylanträge abgelehnt. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ein Armutszeugnis.“
Nur noch 40.000 Jesiden in der Sindschar-Region
Ihrer Ansicht nach belegen die Zahlen ihre Befürchtung, „dass Bamf-Entscheidungen aufgrund von politischer Stimmungsmache fallen“. Die Glaubensgemeinschaft der Jesiden wird vom IS im Irak und Syrien seit Jahren wegen ihrer Religion verfolgt. Hunderttausende Jesiden sind seit 2014 geflüchtet, viele davon nach Deutschland, wo es inzwischen die größte Exil-Gemeinschaft der Jesiden gibt.
Die religiöse Minderheit stammt zum großen Teil aus der Region des Sindschar-Gebirges im Nordirak. Jesiden sind Angehörige einer monotheistischen Religion, deren Wurzeln bis in die Zeit 2.000 Jahre vor Christus reichen. Vor dem ISIS-Überfall im Jahr 2014 haben etwa 600.000 Jesiden in der Sindschar-Region gelebt. Heute sind es nur noch rund 40.000. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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