Flüchtlingspolitik
OECD beklagt Rückgang bei Entwicklungszusammenarbeit
Fluchtursachen bekämpfen - so heißt die Devise in Europa seit dem Flüchtlingssommer 2015. Weltweit fließt allerdings weniger Geld in die Entwicklungszusammenarbeit. Vor allem die ärmsten Länder sind von Kürzungen betroffen.
Donnerstag, 11.04.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 14.04.2019, 20:49 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Für Entwicklungszusammenarbeit ist im vergangenen Jahr weltweit weniger Geld geflossen als 2017. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verzeichnete rund 150 Milliarden Dollar öffentliche Hilfe und damit einen Rückgang von 2,7 Prozent. Besonders stark sei die Reduzierung für die bedürftigsten Länder gewesen, erklärte die OECD zu ihren am Mittwoch veröffentlichten vorläufigen Zahlen. Allerdings seien auch weniger Mittel für die Aufnahme von Flüchtlingen aufgewandt worden, die als öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) angerechnet werden können. Zugleich seien Vorschriften bei der Einberechnung von Kosten für Flüchtlinge auf die ODA-Quote verschärft worden.
In Deutschland sank die Quote, die den Anteil der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen misst, laut OECD auf 0,61 Prozent und blieb damit wieder hinter dem international gesteckten Ziel von 0,7 Prozent zurück. Grund dafür seien geringere Ausgaben für Flüchtlinge. 2016 war Deutschland nach der Flüchtlingskrise erstmals auf 0,7 Prozent gekommen, 2017 ging die deutsche ODA-Quote wieder zurück – auf 0,67 Prozent.
Nach Angaben des Entwicklungsministeriums wird Deutschland 2018 allerdings ohne Berücksichtigung der Flüchtlingsausgaben im Inland voraussichtlich auf 0,51 Prozent kommen. Damit stagniere die Quote auf dem Niveau der beiden Vorjahre. Minister Gerd Müller (CSU) warnte vor einer Absenkung der Quote angesichts der Haushaltspläne von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für 2020. „Andere Länder wie Großbritannien, Schweden, Norwegen und Dänemark haben das 0,7-Prozent-Ziel längst erreicht“, betonte er. Insgesamt haben Bund, Länder und Kommunen 2018 den Angaben nach mehr als 21 Milliarden Euro in die Entwicklungszusammenarbeit investiert. Deutschland sei nach den USA der zweitgrößte Entwicklungspartner bei den absoluten Werten weltweit.
Deutschland tritt auf der Stelle
Kritik an der Bundesregierung kam von Entwicklungsorganisationen. „One“-Deutschland-Direktor Stephan Exo-Kreischer betonte: „Deutschland tritt bei der globalen Armutsbekämpfung auf der Stelle.“ Die Bundesregierung sei noch immer meilenweit von dem 0,7-Prozent-Ziel entfernt. Barbara Fürst von der Organisation Oxfam Deutschland äußerte die Befürchtung vor einem „Sinkflug“ der deutschen ODA-Quote.
Insgesamt beliefen sich die öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit der 30 Mitglieder des OECD-Entwicklungshilfeausschusses 2018 den neuen Daten zufolge auf 153 Milliarden US-Dollar. Dabei legte die OECD eine neue Berechnungsmethode zugrunde. Als Vergleichswert nach der alten Berechnung wären es 149,3 Milliarden gewesen, was einem realen Rückgang von 2,7 Prozent im Vergleich zu 2017 entspreche. Ohne die im Aufnahmeland aufgewendeten Mittel für Flüchtlinge sei die ODA-Quote von 2017 auf 2018 stabil gewesen. Zugleich sei für die am wenigsten entwickelten Länder die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit aber real um drei Prozent zurückgegangen, die Hilfe für Afrika um vier Prozent und die humanitäre Hilfe um acht Prozent.
Gurría: Beunruhigende Entwicklung
OECD-Generalsekretär Angel Gurría sprach von einer beunruhigenden Entwicklung. „Die Geberländer halten ihre Zusage aus dem Jahr 2015 nicht ein, die Entwicklungsfinanzierung zu erhöhen“, sagte er. „Damit laufen wir Gefahr, die Ziele für nachhaltigen Entwicklung für 2030 nicht zu erreichen.“ Nach der aktuellen Berechnungsmethode liegt die ODA-Quote für 2018 bei durchschnittlich nur 0,31 Prozent.
In ihrer jüngsten Bestandsaufnahme wandte die OECD erstmals die sogenannte Subventionsäquivalenz-Methode zur Berechnung an. Diese soll das tatsächliche Engagement der Geber besser abbilden. Sie differenziert zwischen Zuschüssen und Krediten und gewichtet Kredite je nach deren Bedingungen. Die Kreditparameter seien so festgelegt, dass die Geberländer fortan nur noch Kredite an arme Länder zu sehr großzügigen Konditionen vergeben könnten, erklärte die OECD. Laut den neuen Zahlen machten Zuschüsse 2018 insgesamt 83 Prozent der bilateralen ODA aus, Darlehen 17 Prozent. (epd/mig) Aktuell Politik
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