Geschichte
Der Weg zum Weststaat
Gegen einen westdeutschen Teilstaat gab es Vorbehalte - in Frankreich und in Westdeutschland selbst. Eine Reihe von Zugeständnissen der Alliierten machte den Weg für das Grundgesetz und die Gründung der Bundesrepublik schließlich frei.
Von Nils Sandrisser Mittwoch, 08.05.2019, 5:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.05.2019, 16:03 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Weg zum westdeutschen Teilstaat war steinig. Frankreich war nach zwei Weltkriegen nicht an einem deutschen Staat mit starker Zentralgewalt gelegen. Es hätte an seiner Ostgrenze lieber einen lockeren Zusammenschluss von Kleinstaaten gesehen.
Großbritannien und den USA schwebte ein vor allem wirtschaftlich starkes Westdeutschland vor. „Frankreich hat dann zugestimmt mit der Maßgabe, die Kohle- und Stahlindustrie zu kontrollieren“, erläutert der Historiker Michael Feldkamp vom Archiv des Bundestags. Die übernahm eine internationale Ruhrbehörde.
Auch die Ministerpräsidenten der Länder und die Regierenden Bürgermeister Hamburgs und Bremens waren zunächst skeptisch: Sie fürchteten, die Sowjetunion könnte eine westdeutsche Verfassung zum Anlass nehmen, in ihrer Besatzungszone einen eigenen Staat zu gründen.
Die „Frankfurter Dokumente“
Die Militärgouverneure Frankreichs, Großbritanniens und der USA bestellten die deutschen Länderchefs dennoch nach Frankfurt am Main ein. Dort übergaben sie ihnen die „Frankfurter Dokumente“. Darin stand, dass die Ministerpräsidenten eine verfassunggebende Versammlung einberufen sollten. Über die Annahme der Verfassung sollte eine Volksabstimmung entscheiden.
Außerdem empfahlen die Dokumente eine teilweise neue Grenzziehung der deutschen Länder und enthielten Grundzüge des künftigen Besatzungsstatuts, wonach Westdeutschland relativ frei über seine Gesetze, seine Justiz und seine Verwaltung entscheiden dürfe, aber die Alliierten die Kontrolle über die Außenbeziehungen und den Außenhandel haben sollten.
D-Mark eingeführt
Eine Woche nach dem Treffen in Frankfurt, am 8. Juli 1948, kamen die Ministerpräsidenten in Koblenz zusammen, um über die Dokumente zu beraten. „Drei Wochen zuvor hatten die Westzonen die D-Mark eingeführt, die sowjetische Besatzungszone aber nicht. Die deutsche Spaltung war längst Realität, und das wussten auch alle“, sagt Feldkamp.
Anders als die Militärgouverneure sie angewiesen hatten, wollten die Länderchefs keine verfassunggebende Versammlung einberufen, sondern lediglich einen „Parlamentarischen Rat“. Die Verfassung sollte nicht „Verfassung“ heißen sondern nur „Grundgesetz“. Ein Referendum lehnten sie ab – aus zwei Gründen, wie der Historiker Feldkamp erklärt: „Es gab eine Sorge vor einer Wahlmüdigkeit, wenn es zwei Wochen vor einer Bundestagswahl ein Plebiszit gegeben hätte.“ Und man habe nicht gewusst, wie diese Abstimmung ausgehen würde: „Die Ministerpräsidenten hatten Angst vor sowjetischer Propaganda.“
Am 8. Mai verabschiedet
Ein Verfassungskonvent traf sich im August 1948 im Alten Schloss Herrenchiemsee und arbeitete einen Entwurf für eine Verfassung aus, auf dessen Grundlage der Parlamentarische Rat in Bonn ab September über den Wortlaut des Grundgesetzes beriet. Am 12. April 1949 einigten sich die Militärgouverneure mit dem Parlamentarischen Rat. Am 8. Mai verabschiedete das Plenum des Rates das Grundgesetz, anschließend ratifizierten es die Länderparlamente – mit Ausnahme des bayerischen Landtags.
Die CSU-Regierung hatte ihren Abgeordneten die Ablehnung empfohlen, weil sie das Grundgesetz für zu zentralistisch und zuwenig christlich hielt. An der Geltung der Verfassung auch für Bayern änderte das nichts, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die geforderten zwei Drittel der westdeutschen Länder zugestimmt hatten. Um Mitternacht nach der Verkündung des Grundgesetzes, um 0 Uhr am 24. Mai, trat es in Kraft. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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