Hier, hier und hier
Was uns das Strache-Video sagt
Nach dem Strache-Video könnte man zusammenfassend sagen, dass Nazis und Nazisympathisanten ihrer Russland-Affinität frönen, Journalisten beschimpfen, Parteispenden am Rechnungshof vorbeischleusen, sich als Partei der kleinen Leute gerieren, dabei aber damit beschäftigt sind, ihren elitären Freunden Posten, Aufträge und Einfluss zuzuschanzen.
Von Stephan Anpalagan Montag, 20.05.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 22.05.2019, 16:42 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Freitag ist also dieses Video explodiert, auf dem der Vizekanzler der Republik Österreich, HC Strache, nicht nur den welt-hässlichsten Pullover präsentiert, sondern auch noch ausnahmslos alle demokratischen Errungenschaften seines Landes erst verrät und anschließend verkauft.
Beispiele gefällig?
Zu verdeckten Parteispenden sagt Strache:
„Ja, es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen…Die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein… Das musst Du (der ebenfalls anwesende Klubchef Johann Gudenus übersetzt ins Russische, Anm.) erklären: Verein. Du musst erklären, dass das nicht an den Rechnungshof geht.“ (Strache erklärt offenbar den Modus operandi, um Spenden am Rechnungshof vorbeizulotsen.)
Zur Vergabe von Aufträgen an die russische Geschäftspartnerin sagt Strache:
„Schau, und dann sind wir genau beim Thema Strabag, Autobahnen. Du, das Erste in einer Regierungsbeteiligung, was ich heute zusagen kann, ist: Der Haselsteiner (Hans Peter, Anm.) kriegt keine Aufträge mehr. So, dann haben wir ein Riesenvolumen an infrastrukturellen Veränderungen. Wenn da eine Qualität da ist und ein qualitativer Anbieter da ist…bin ich der Erste, der sagt…dann sag‘ ich ihr, dann soll sie nämlich eine Firma wie die Strabag gründen, weil alle staatlichen Aufträge, die jetzt die Strabag kriegt, kriegt sie dann.“ (Strache über die Strabag und die mögliche Auftragsvergabe unter seinem Regierungseinfluss.)
Zur Übernahme der Kronen Zeitung und der anschließenden Gleichschaltung der Medien sagt Strache:
„Schau, schau, sobald sie (die russische Gesprächspartnerin, Anm.) die Kronen Zeitung übernimmt…sobald das der Fall ist, müssen wir ganz offen reden…Da müssen wir uns zusammenhocken, müssen sagen: So, da gibt es bei uns in der Krone, zack, zack, zack, drei, vier Leute, die müssen gepusht werden. Drei, vier Leute, die müssen abserviert werden. Und wir holen gleich noch mal fünf neue rein, die ma aufbauen. Und das ist der Deal.“
Und die Sicherung von mehr Einfluss auf die größte österreichische Tageszeitung.
„Wennst die Kronen Zeitung hast, bist der bestimmende Faktor. Und wenn du darüber hinaus einen TV-Sender noch lukrierst, bestimmst du alles.“ – Strache über seine Medienpläne (hier).
Nun könnte man zusammenfassend sagen, dass offensichtliche Nazis (hier und hier) und Nazisympathisanten (hier) ihrer Russland-Affinität frönen (hier, hier und hier), Journalisten beschimpfen (hier, hier und hier), Parteispenden am Rechnungshof vorbeischleusen (hier, hier und hier), sich als Partei der kleinen Leute gerieren (hier, hier und hier), dabei aber hauptsächlich damit beschäftigt sind, ihren elitären Freunden Posten, Aufträge und Einfluss zuzuschanzen (hier, hier und hier) und beim Anblick osteuropäischer Frauen alles Blut vom Hirn in den (mutmaßlich tageslichtuntauglichen) Pillemann fließen lassen (hier, hier und hier).
Und? Wissen Sie von wem im letzten Absatz die Rede war? Die FPÖ? Die AfD? Oder gar Donald J. Trump?
Es sagt einiges aus über den Zustand unserer Welt, wenn man die Rechtsextremen, die sich aufgemacht haben Parlamente und Regierungen zu erobern, nicht einmal mehr an ihrer Staatsverachtung, geschweige denn an ihren Taten, auseinanderhalten kann.
Es sagt aber auch einiges aus über den globalen Rechtsextremismus, der in all seinen Facetten mit den immer selben Mechanismen die Erosion des Rechtsstaates vorantreibt und die lebendige Demokratie zu Fall bringt. Vordergründig geht es ihm zwar stets um dieselbe rassistische Erzählung vom Fremden, der herkommt, um Arbeit und Frauen zu rauben und dabei Krankheiten und Kriminalität einschleppt. Hintergründig jedoch, und das ist das beeindruckende an diesem Video, sind es nicht die rassistischen Stereotype, sondern der harte gesellschaftliche Klassenkampf, der auch diesen Machtapparat anzutreiben scheint: Erst übernimmt die russische Geschäftspartnerin die einflussreichste Tageszeitung der Republik und verhilft über die darauf folgende positive Berichterstattung der FPÖ zum Wahlsieg, die im im Anschluss an ihren Einzug in die Regierung Aufträge an ebenjene Geschäftspartnerin vergibt, die wiederum mit dem neu-verdienten Geld verdeckte Parteispenden an die FPÖ tätigt, was dieser wiederum zu weiteren Wahlsiegen verhelfen würde. Ein Kreislauf? Ein Teufelskreis.
Unbeachtet und unerwähnt bleiben die vielen Österreicherinnen und Österreicher, die ihre Hoffnung in diese Partei gelegt haben, verbunden mit dem Wunsch, dass sich nach Jahrzehnten des Stillstandes endlich etwas änderte. Die sich als Einheimische erhofften, dass ihnen ein besseres Leben bevor stünde, wenigstens im Vergleich zu den Ausländern. Die bei allem verengten Blick allerdings vergessen haben nach oben zu schauen und die gesellschaftliche Ungleichheit zwischen oben und unten, zwischen arm und reich zu befragen, die ausgerechnet diese vermeintlich patriotischste Partei doch bekämpfen wollte.
Welche Prioritäten Strache selbst in seinen politischen Erwägungen und Auseinandersetzungen an den Tag legt, lässt sich abschließend an Folgendem nachvollziehen. Typische rechtspopulistische Phrasen verwendet Strache an jenem Abend im Juli 2017, den der FPÖ-Chef auf Anfrage als „feucht-fröhlich“ bezeichnet, selten. Zwar erwähnt er die angebliche Islamisierung Europas. Aber wichtiger scheinen ihm andere Dinge zu sein. Mehrmals raunt der FPÖ-Chef seinem Vertrauten Gudenus zu, wie attraktiv er die Gastgeberin finde:
„Bist du deppert, die ist scharf.“ (hier)
Irgendwie bleibt man letztlich, trotz aller Worte, sprachlos zurück… Aktuell Meinung
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Gerhard Schröders Lobbyismus in Russland ist auch legal, ebenso anrüchig. Franz Josef Strauß war in Chile, bei Mao und in Moskau.
Was ist also neu an Strache? Antwort: Gar nichts.
Er entpuppt sich als würdiger Teil des Estabilshments!
Lesenswert:
Video-Affäre: Strache, die Medien und die vielen offenen Fragen
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