Bildungssystem
Von Finnland Lernen lernen?
Die finnischen Schulerfolge beruhen auch darauf, dass das Bildungssystem die gleichen Voraussetzungen für alle Kinder schafft.
Von GastautorIn Freitag, 15.01.2010, 8:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 17:06 Uhr Lesedauer: 8 Minuten |
Ende des vergangenen Jahres berichtete die finnische Zeitung „Kirkko ja kaupunki“, wie zwölfjährige Schüler der Grundschule Lauttasaari das Klimaverhalten von lokalen Unternehmen und Institutionen bewerten und weitere Empfehlungen geben. „Diese Arbeit der Schüler bringt der Gemeinschaft konkreten Nutzen. Dabei haben die Kinder das Gefühl, dass sie eine wichtige Aufgabe leisten“, erklärt die Lehrerin Tiina Kilpeläinen.
In der internationalen Bildungsdebatte wird das finnische Schulsystem oft als Vorbild für andere europäische Länder angeführt. Insbesondere nach den herausragenden Ergebnissen der Finnen in den Pisa-Studien der OECD hat sich deswegen sogar ein pädagogisch motivierter Finnlandtourismus entwickelt. Die Reisenden wollen sich bei diesen Besuchen etwas von dem Musterknaben Finnland für das Schulsystem ihres Heimatlandes abgucken. Der von Aila-Leena Matthies und Ehrenhard Skiera herausgegebene Sammelband „Das Bildungswesen in Finnland“ stellt in Frage, ob dieses Vorgehen Erfolg verspricht.
Margret Karsch, seit 2007 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. 2001 bis 2006 Lehrbeauftragte an den Universitäten in Göttingen und Lüneburg sowie DAAD-Dozentin in Torun/Polen; Promotion; Tätigkeiten als freie Autorin, Redakteurin, PR-Beraterin, Workshopleiterin und Lektorin; Gründungsmitglied des Vereins cultura21, der sich für einen kulturellen Wandel im Sinne einer sozial-ökologischen Entwicklung einsetzt.
Matthies und Skiera betonen in ihrer Einleitung, dass das Schulwesen nur ein Element der gesamten finnischen Gesellschaft bildet, das eng mit anderen zentralen Institutionen des Landes verknüpft ist. Dieser Zusammenhang begründe den Erfolg. Deshalb müsse, wer die Stärken und Schwächen des finnischen Schulsystems verstehen will, die gesamte Gesellschaft, ihre Geschichte und Struktur sowie etwa die Kulturpolitik, die Konzepte für die Bildung spezieller Minderheiten, die Lehrerbildung und die Bildungsforschung betrachten. Um dies leisten zu können, haben die beiden Herausgeber Beiträge von 23 Autorinnen und Autoren versammelt. Das Fazit: Finnlands Bildungspolitik kann nicht einfach von Deutschland übernommen werden, zu unterschiedlich sind die Länder.
In Finnland besuchen alle Schülerinnen und Schüler neun Jahre lang die Grundschule und erhalten Unterricht nach einem einheitlichen Lehrplan. Nach der Grundschule ist die Schulpflicht erfüllt. Mit 15 oder 16 Jahren stehen die meisten finnischen Schülerinnen und Schüler dann vor der Wahl: Sie können sich dafür entscheiden, rund drei Jahre lang ein Gymnasium zu besuchen oder eine Berufschule.
Trotz des lokalen und individuellen Spielraumes der Schulen und Lehrenden sind die Lehrpläne auf allen Ebenen national gesteuert. Dadurch sind die finnischen Jugendlichen, ob sie in Helsinki oder in Lappland aufwachsen, nach ihren ersten neun Schuljahren weitgehend mit denselben Grundkenntnissen ausgerüstet. Privatschulen, die besondere didaktische Methoden anwenden, sind in Finnland selten – das Schulsystem ist standardisiert und folgt einem gesellschaftlichen Konsens. Meinung
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Das gute Beispiel der 9-jährigen Grundschule macht deutlich wie faschistisch die schulische Selektionsmaschinerie in Deutschland im Grunde war und ist , eine Maschinerie, die Schüler schon ab dem vierten Schuljahr einer massiven Selektion unterzogen hat und immer noch unterzieht, obwohl glücklicherweise schon länger ein Umdenken stattfindet …
Josef Özcan (Diplom Psychologe)
Ein eingliedrige Schulsystem, wie es Finnland aufweist, ist keine finnische Besonderheit, sondern weltweit die Regel.
Mehrgliedrige Schulsysteme finden unter den ca. 40 PISA-Teilnehmer-Ländern nur bei den deutschsprachigen Ländern einschließl. Liechtenstein, Holland und bedingt auch in Frankreich. Da diese Länder alle zumindest in der oberen Hälfte des Rankings zu finden sind, ließe sich allenfalls ein leicht positiver Einfluss der Mehrgliedrigkeit aus der PISA-Studie ableiten und keinesfalls ein negativer Einfluss, wie von den Gesamtschul-Befürwortern stets behauptet.
Dann mochte ich hiermit zum hundertsten Mal darauf hinweisen, dass das deutsche Schulsystem so modular aufgebaut ist, dass man auch von der Hauptschule aus über Aufbauschulgänge und auch entsprechende Berufsbildungsgänge die Hochschulreife erlangen kann.
Das Abitur ist nicht die einzige Hochschul-Zugangsberechtigung in Deutschland. (Einfach mal http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_Deutschland googeln und dann das Organigramm studieren) Erschreckend, wie wenige Lehrer selbst um diese alternativen Bildungswege wissen.
Ansonsten empfehle ich folgende Abhandlung über die konkreten schulischen Bedingungen in Finnland:
http://www.phv-bw.de/Veroeffentlichung/Publikationen/GBW_2007_01/17.html