NSU-Abschluss- und Sonderbericht

Sächsische Linke und Grüne: Verfassungsschutz zeigte Desinteresse am NSU

Der Sächsische Landtag hat den Abschlussbericht des sächsischen NSU-Untersuchungsausschuss vorgelegt. Danach gibt es keine Versäumnisse bei den Behörden. Linke und Grüne hingegen prangern in einem Sonderbericht massive Missstände an.

Donnerstag, 06.06.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 13.06.2019, 15:02 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der sächsische Verfassungsschutz hat nach Ansicht der Linken bei der Suche nach dem untergetauchten NSU-Rechtsterroristen-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe versagt. Das Amt habe viel zu wenig getan, um die 1998 untergetauchten Neonazis zu finden, sagte die sächsische Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz am Mittwoch in Dresden. Dabei habe es Hinweise gegeben, dass sich die Flüchtigen in Sachsen aufhielten. Das Landesamt für Verfassungsschutz sei dem aber nur mit „Desinteresse“ begegnet.

Zusammen mit der Grünen-Fraktion haben die Linken ein sogenanntes Sondervotum zum Abschlussbericht des sächsischen NSU-Untersuchungsausschuss „Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen“ vorgelegt. Der Ausschuss des Sächsischen Landtages hatte am Montag offiziell seine Arbeit beendet und sah keine Versäumnisse bei den Behörden. Die beiden Oppositionsparteien legen nun ein abweichendes, umfangreiches Votum vor. Der sächsische Ausschuss hatte in den vergangenen vier Jahren mehr als 70 Zeugen vernommen sowie rund 1.500 Aktenordner ausgewertet.

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Demnach habe der sächsische Geheimdienst wichtige Informationen für sich behalten, sagte Köditz, die stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses war. Sie wären für die Ermittlungsarbeit der sächsischen Polizisten wichtig gewesen. Versuche der Behörde, an die Flüchtigen heranzukommen, seien vorzeitig abgebrochen worden.

Linke fordern Auflösung der Behörde

Die Linke kritisierte, der Behörde mangele es bis heute an Analysefähigkeit. Komplette Lagebilder würden nicht erstellt, sagte Köditz. Die Behörde sollte deshalb aufgelöst werden. Insgesamt enthält das Sondervotum 46 Forderungen. Unter anderem müsse dafür gesorgt werden, dass die Akten zum NSU erhalten und nicht nach einer Frist vernichtet werden, heißt es.

Der Vorsitzende des sächsischen NSU-Untersuchungsausschusses Lars Rohwer (CDU) hatte zuvor erklärt, es habe im Landesamt für Verfassungsschutz eine nicht übereinstimmende Auswertung der vorliegenden Informationen aus dem NSU-Umfeld gegeben. Diese Mängel seien aber inzwischen abgestellt.

Ein Dutzend NSU-Untersuchungsausschüsse

Dem NSU-Trio werden bundesweit zehn Morde in den Jahren 2000 bis 2007 an neun Menschen mit Migrationshintergrund und einer Polizistin zugeschrieben. Die Terroristen Böhnhardt und Mundlos hatten sich im November 2011 in Eisenach nach einem Banküberfall selbst getötet. Die einzige Überlebende des Trios, Zschäpe, war im Juli 2018 nach jahrelangem Prozess vom Oberlandesgericht München zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Das mutmaßliche Versagen der Ermittlungsbehörden hatte nach der Enttarnung des Terrortrios gut ein Dutzend Untersuchungsausschüsse im Bundestag und in den Landtagen mehrerer Bundesländer beschäftigt. (epd/mig) Leitartikel Politik

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