"#mustread"
Streit zwischen Zentralrat und Jüdischem Museum
Das Jüdische Museum Berlin gehört zu den besucherstärksten Einrichtungen in der Hauptstadt - und ist unabhängig. Der Zentralrat der Juden sieht das offenbar anders.
Donnerstag, 13.06.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 17.06.2019, 17:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Zentralrat der Juden in Deutschland sieht das gesellschaftspolitische Engagement des Jüdischen Museums Berlin offenbar zunehmend kritisch. In einer auf Twitter verbreiteten Stellungnahme erklärte der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster, am Dienstag: „Das Maß ist voll. Das Jüdische Museum Berlin scheint gänzlich außer Kontrolle geraten zu sein.“
Hintergrund ist ein Tweet des Museums am vergangenen Donnerstag. Darin wurde ein Artikel der „taz“ zum Thema israelkritische BDS-Bewegung als lesenswert („mustread“) empfohlen. Museumsdirektor Peter Schäfer erklärte am Dienstag auf Anfrage, die Verwendung des Hashtag „#mustread“ entspreche den Gepflogenheiten in sozialen Medien und sei nicht gleichzusetzen mit einer inhaltlichen Zustimmung. „Wir bedauern sehr, dass die Formulierung Anlass zu Missverständnissen gegeben hat“, betonte Schäfer.
Das Museum stand bereits in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik unter anderem der Jüdischen Gemeinde Berlin und der israelischen Regierung. Ihrer Ansicht nach wird die jüdische Perspektive in dem Haus unzureichend repräsentiert.
Museumsleitung weist Vorwurf zurück
Der vom Museum empfohlene Zeitungsartikel berichtet unter anderem über eine Stellungnahme von 240 israelischen und jüdischen Akademikern, die einen Beschluss des Bundestages von Mitte Mai kritisieren, in dem die israelkritische BDS-Bewegung verurteilt wird. Unter anderem hatte die Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ darüber berichtet.
Schäfer sagte am Dienstag weiter, mit dem Tweet habe das Museum in keiner Weise die Absicht verfolgt, „sich gegen den Bundestagsbeschluss zu stellen“. Vielmehr gebe der „taz“-Artikel mit Hinweis auf die Erklärungen der Wissenschaftler und Nahostexperten „den Stand einer Debatte wieder, inwieweit der Bundestagsbeschluss helfe, den Antisemitismus erfolgreich zu bekämpfen“.
Schuster: Vertrauen verspielt
BDS steht für „Boycott, Divestment and Sanctions“ – auf deutsch: „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (BDS). Die Kampagne wurde 2005 von mehr als 170 palästinensischen Organisationen gestartet. Inzwischen wird sie von zahlreichen Organisationen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt unterstützt. Sie wurde in Anlehnung an die frühere Anti-Apartheid-Kampagne gegen Südafrika ausgerufen und ruft zum Boykott israelischer Waren und Dienstleistungen auf.
Zentralratspräsident Schuster erklärte auf Twitter, unter diesen Umständen müsse darüber nachgedacht werden, ob die Bezeichnung „jüdisch“ für das Museum noch angemessen sei. Zudem dränge sich die Frage auf, ob Direktor Schäfer seiner Aufgabe noch gewachsen sei und wer eigentlich die Leitlinien des Jüdischen Museums vorgebe. „Das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft hat die Leitung des Hauses verspielt“, heißt es in dem Tweet.
Kontroverse im Netz
Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, bezeichnete den Vorgang auf Twitter als „beschämend“: „Das Jüdische Museum soll eine kulturelle Einrichtung sein, ist aber sehr politisch, wenn es den Boykott Israels unterstützt und den Bundestag dafür kritisiert, Antisemitismus zu verurteilen“, twitterte er am Samstag auf Englisch. Am Sonntag erklärte das Jüdische Museum in einem Tweet, dass es sich „in keiner Weise gegen den Bundestagsbeschluss positioniert, sondern auf einen Diskussionsbeitrag von 240 Wissenschaftlern hingewiesen“ habe.
Seit dem wird im Netz kontrovers über den Streit diskutiert. Tobe Jay etwa schreibt auf Twitter: „Jüdisch ist man also nur, wenn man der dauernden einseitigen Meinung des Zentralrates ist? Interessant.“ Ein Nutzer Namens „Berliner T.“ hingegen fragt: „Ist das ‚jüdische‘ Museum überhaupt noch jüdisch?!“
Museum ist Stiftung öffentlichen Rechts
Tätsächlich ist das Museum eine Stiftung öffentlichen Rechts in der Verantwortung des Bundes. Sie erhält vom Bund nach eigenen Angaben jährlich eine Zuweisung, die etwa drei Viertel des Gesamtbudgets abdeckt. Die Rechtsaufsicht über die Stiftung liegt bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Die restlichen Mittel werden durch Einnahmen des Hauses erwirtschaftet und durch Spenden aufgebracht.
Eigenen Angaben zufolge ist das Museum „ein lebendiger Ort der Reflexion über die jüdische Geschichte und Kultur sowie über Migration und Diversität in Deutschland.“ Die Ausstellungen, die Publikationen, die pädagogische Arbeit und sowie das Veranstaltungsprogramm soll sich an ein breites Publikum aus Deutschland und der ganzen Welt wenden. Das Museum zählt zu den meistbesuchten Museen Deutschlands. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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Stimme Jobe Tay zu
Zitiere Abraham Melzer:
„Der Zentralrat meint, dass das Maß voll sei und das Jüdische Museum sein Vertrauen verloren habe.
Müsste es da nicht umgekehrt lauten, dass nämlich der Zentralrat der Juden schon längst das Vertrauen vieler anständiger Deutscher und auch Juden verloren hat. Wie soll man einen Josef Schuster noch vertrauen, der permanent und ohne vor Scham rot zu werden, israelische Propaganda von sich gibt und den latenten Rassismus in der israelischen Politik verschweigt, dafür aber das deutsche Grundgesetz unverschämt verletzt und sich auch noch moralisch im Recht fühlt? Wo war denn dieser Zentralratsvorsitzender, als vor wenigen Wochen in Israel die frühere Justizministerin Ayelet Shaked Werbung für sich und ihre neue Rechtsaußen Partei mit einem Parfüm „Faschismus“ machte und auch noch meinte, dass für sie Faschismus wie Demokratie rieche? Der Gestank dieser israelischen Demokratie verbreitet sich inzwischen bis in die jüdischen Gemeinden in Deutschland. Für mich riecht die israelische Demokratie wie Faschismus.“
http://der-semit.de/michael-wolffsohn-ein-nuetzlicher-idiot/