Streit um Jüdisches Museum
Kritik an Zentralrat der Juden
Die israelische Regierung und der Zentralrat der Juden werden für ihren Umgang mit dem Jüdischen Museum Berlin scharf kritisiert. Shimon Stein und Historiker Moshe werfen dem Zentralrat Israelhörigkeit vor. Deutsche Politiker seien engeschüchtert und spielten mit.
Montag, 24.06.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 25.06.2019, 16:01 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, und der israelische Historiker Moshe Zimmermann haben den Umgang mit dem Jüdischen Museum Berlin kritisiert und warnen vor einer Beschneidung der Meinungsfreiheit in Deutschland. Bei dem Rücktritt von Museumsdirektor Peter Schäfer vergangene Woche wegen eines Tweets zu der umstrittenen antiisraelischen BDS-Kampagne gehe es nicht bloß um den Kopf Schäfers, schrieben Stein und Zimmermann in einem Gastbeitrag für den Berliner „Tagesspiegel“.
Die israelische Regierung nehme für sich in Anspruch zu bestimmen, was Antisemitismus und was eigentlich jüdisch ist. Unterstützt werde sie in Deutschland vom Zentralrat der Juden, „der der offiziellen Stimme Israels hörig ist und sich mit einer selbstständigen Haltung schwertut“, kritisieren Stein und Zimmermann. Nicht nur der BDS, eigentlich jeder Boykott gegen israelische Interessen, auch gegen die Besatzungs- und Siedlungspolitik, gälten demnach als antisemitisch: „Und Juden, die einer anderen Meinung sind, sind eben keine richtigen Juden mehr.“
Die Einmischung von politischen Interessen und Einrichtungen in Kulturangelegenheiten „ist uns in Israel wohl bekannt“, warnen die beiden Autoren. In Israel sei Kulturministerin Miri Regev schon seit langem zur obersten Zensurinstanz geworden, um vom nationalen Konsens abweichende Personen und Institutionen zur Rechenschaft zu ziehen. „Wie die Demokratie zur Ochlokratie (Herrschaft des Pöbels) tendiert, die bereit ist, Meinungsfreiheit zu beschneiden, haben wir in Israel bereits erfahren“, warnen sie. Nun passiere es in Deutschland. Das Jüdische Museum Berlin sei dabei kein Einzelfall.
Eingeschüchterte deutsche Politiker
Beim Thema BDS als vermeintlichem Schlüssel für den Kampf gegen Antisemitismus beanspruchten Israel und der Zentralrat der Juden quasi das Vetorecht für sich, kritisieren Stein und Zimmermann: „Die eingeschüchterten deutschen Politiker spielen mit. Der Mangel an Unterstützung für den gestürzten Museumsdirektor war symptomatisch.“
Auslöser für den Rücktritt des Museumsdirektors war ein Tweet des Museums mit einer Leseempfehlung zur israelkritischen BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen). Darin hatten jüdische und israelische Wissenschaftler kritisiert, dass der Bundestag BDS als antisemitisch eingestuft hat. Das Museum ist eine Stiftung des Bundes.
Brief von 45 jüdischen Gelehrten
Was jüdisch sei, entscheide nicht allein Israel, betonen Stein und Zimmermann. Die Vielfalt im Judentum sei enorm. Das habe auch das Jüdische Museum Berlin zu vermitteln versucht. Vielfalt und Bereitschaft zum Disput seien immer ein Kennzeichen des Judentums gewesen.
Kritik an dem Rücktritt des Museumsdirektors äußerten laut Medienberichten auch 45 jüdische Gelehrte aus Israel, Europa und den USA in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief. Schäfer habe sich immer der Förderung des Verständnisses von Juden und dem Judentum verschrieben. Die Unterzeichner seien zutiefst besorgt über die zunehmende Zensur der Meinungsfreiheit und die abnehmende Möglichkeit, Regierungspolitik zu kritisieren. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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Der israelische Historiker ‚Zuckermann stellt klar, dass die Kritik an der Regierungspolitik Israels nichts zu tun hat mit Antisemitismus. Wer das behauptet, hat das Ziel, diese Kritik mundtot zu machen und verhindern zu wollen, dass das ungelöste Problem zwischen Israelis und Palästinensern diskutiert wird. BDS sei ein gewaltfreier Protest, hebt er hervor, und man habe ihn daher anders zu beurteilen als Attentate. Er hält BDS allerdings auch für relativ ineffektiv, die Kampagne wirke nur wie ein Insektenstich angesichts der realen Machtverhältnisse. Und die künstlerischen und akademischen Kreise Israels zu boykottieren sei geradezu kontraproduktiv, weil hier am ehesten noch Widerspruch zur Regierungspolitik erwartet werden kann.‘
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