Schutzlos
Hilfswerk fordert Rechtsstatus für Klimaflüchtlinge
Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme - der Klimawandel macht sich vielerorts mit Wetterextremen bemerkbar. Wer bei solchen Katastrophen in ein anderes Land flieht, braucht besseren Schutz, fordert "Brot für die Welt".
Freitag, 26.07.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.07.2019, 14:56 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Angesichts zunehmender Umweltkatastrophen durch den Klimawandel fordert „Brot für die Welt“ einen internationalen Rechtsstatus für Klimaflüchtlinge. Ein solcher Schritt sei mehr als dringend. „Die Zahl der Klimaflüchtlinge wird alles in den Schatten stellen, was wir bislang hatten“, sagte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel, am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Berlin.
Der Klimawandel sei neben bewaffneten Konflikten die Hauptursache für Hunger. Zugleich fresse er die Entwicklungsfortschritte auf, die in einigen Regionen erreicht worden seien. Von der Bundesregierung forderte sie ein Klimaschutz-Sofortprogramm und eine schnelle Senkung der CO2-Emissionen.
Jüngst hatte die Kapitänin des Seenotrettungsschiffs „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, in einem Interview mit dem Boulevardblatt „Bild“ gefordert, dass Deutschland auch Klimaflüchtlinge aufnehmen müsse. Sie argumentierte: „In der Debatte soll immer unterschieden werden zwischen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten, aber wir kommen jetzt zu einem Punkt, wo es ‚forced migration‘ gibt, also eine durch äußere Umstände wie Klima erzwungene Migration.“
Ein dramatischer Prozess
Füllkrug-Weitzel verwies auf die 2012 von Norwegen und der Schweiz gestartete „Nansen Initiative“, deren Nachfolgeorganisation „Plattform zur Vertreibung durch Katastrophen“ über das Thema diskutiert. Denn Klimaflüchtlinge fallen nicht unter den Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention. Mehr als hundert Staaten – darunter auch Deutschland – haben sich daher dafür ausgesprochen, deren Rechte zu stärken. Es geht darum, Schutz- und Hilfsmechanismen zu schaffen für Menschen, die wegen Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürmen, des Anstiegs des Meeresspiegels oder auch Erdbeben und Tsunamis ihre Heimat verlassen und in ein anderes Land fliehen müssen.
„Brot für die Welt“ beobachtet in vielen der 90 Länder, in denen Partnerorganisationen engagiert sind, einen schleichenden Prozess der Verschlechterung durch den Klimawandel. Dürren oder Überflutungen nähmen immer weiter zu. Es sei ein dramatischer Prozess, der in Deutschland aber nicht wahrgenommen werde, kritisierte Füllkrug-Weitzel: „Die Folgen des Klimawandels treffen vor allem die Menschen, die den Klimawandel am wenigsten verursacht haben, und sie treffen sie in ihrer Existenz.“ Internationale Unterstützung von den Verursachern des Klimawandels bekämen sie aber nur ungenügend. Die reichen Länder zeigten „wenig Intention, diejenigen Menschen wie Regierungen, denen sie unwiederbringliche Schäden und Verluste beigefügt haben, zu entschädigen“.
Entwicklungsgelder für Flüchtlingsabwehrarbeit
Zugleich würden Entwicklungsgelder verwendet für eine Art „Flüchtlingsabwehrarbeit“, für Pakte, die mit Anrainerstaaten auf Fluchtrouten geschlossen würden und die unter anderem auch die Aufrüstung von Polizei und Grenzschutz vorsähen. Als Beispiel nannte sie den Niger. Das bitterarme Land liegt auf einer stark genutzten Migrationsroute und ist daher ein wichtiger Partner der Europäischen Union in der Flüchtlings- und Migrationspolitik.
Laut dem Jahresbericht steigerte „Brot für die Welt“ 2018 seine Einnahmen aus Spenden und Kollekten um 1,8 Millionen Euro oder 2,9 Prozent auf 63,6 Millionen Euro. Das sei zum Jubiläum das viertbeste Spendenergebnis seit der Gründung des evangelischen Hilfswerks vor 60 Jahren, hieß es. Ferner erhielt die Hilfsorganisation der evangelischen Landes- und Freikirchen unter anderem Mittel des kirchlichen Entwicklungsdiensts (55,7 Millionen Euro) sowie staatliche Mittel vom Entwicklungsministerium (168,3 Millionen Euro). Insgesamt hatte „Brot für die Welt“ 307 Millionen Euro zur Verfügung – knapp neun Prozent mehr als ein Jahr zuvor (282 Millionen). Im vergangenen Jahr wurden mehr als 1.500 Projekte gefördert. (epd/mig) Aktuell Panorama
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