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Studie

Mindestens 12.000 Fälle von Polizeigewalt im Jahr

Einer Hochrechnung zufolge gibt es in Deutschland jährlich 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte. Geahndet werden sie nur selten, in weniger als einem Prozent der Fälle wird überhaupt Anklage erhoben.

Dienstag, 30.07.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Unrechtmäßige Polizeigewalt kommt Medienberichten zufolge in Deutschland deutlich häufiger vor als bisher bekannt. Demnach gebe es jährlich mindestens 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte – und damit fünf Mal mehr als angezeigt. Das hätten Forschungen an der Universität Bochum ergeben, über die das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ und „Der Spiegel“ gemeinsam berichten, wie der RBB am Samstag mitteilte.

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Die Hochrechnung basiere auf der bislang größten Untersuchung zur Polizeigewalt in Deutschland unter Leitung des Kriminologen Tobias Singelnstein an der Ruhruniversität Bochum. An der Befragung nahmen demnach mehr als 1.000 Betroffene teil. „Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen“, sagte Singelnstein gegenüber „Kontraste“ und dem „Spiegel“.

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Kaum geahndet

Bislang seien in Deutschland pro Jahr mindestens 2.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte bekanntgeworden, die von den Staatsanwaltschaften bearbeitet werden. Strafrechtlich geahndet würden sie nur selten. Weniger als zwei Prozent der Fälle kämen vor Gericht, weniger als ein Prozent endeten mit einer Verurteilung, so der Professor für Kriminologie. Oft stehe das Wort der Bürger gegen das der Beamten.

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Verantwortlich für die geringe Aufklärungsquote seien vor allem die Staatsanwaltschaften, die ihr Verhältnis zur Polizei nicht belasten wollten, so Singelnstein. Außerdem gebe es in den Staatsanwaltschaften die Grundannahme, dass Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt in der Regel unberechtigt seien. Das führe dazu, dass man eher selten Anklage erhebe. Weitere Ergebnisse der Untersuchung sollen demnach im September präsentiert werden.

„Polit-Putze“ in Gewahrsam genommen

Ein Beispiel übermäßiger Polizeigewalt war das Vorgehen von Einsatzkräften gegen die bundesweit als „Polit-Putze“ bekannte Aktivistin Irmela Mensah-Schramm am Rande einer AfD-Demonstration im Mai in Berlin. Weil sich die 73-Jährige weigerte, einen Platz für ihren Protest gegen die AfD zu verlassen, den sie zuvor mit zwei Polizisten des „Anti-Konflikt-Teams“ vereinbart hatte, wurde die Seniorin nach eigenen Aussagen fünf Stunden in Gewahrsam genommen und erkennungsdienstlich behandelt.

Bei der Festnahme durch drei Polizisten sei sie geschubst worden, ihr seien beide Arme verdreht worden, sie sei dabei zu Boden gegangen und „brutal“ hochgezerrt worden und ihr wurden Handschellen angelegt, berichtet Mensah-Schramm in einem Gedächtnisprotokoll. Die Polizei bestätigte damals nur die Festnahme. Mensah-Schramm entfernt seit rund 30 Jahren unter anderem fremdenfeindliche und antisemitische Aufkleber von Pfeilern und Laternen und übermalt Nazi-Graffiti-Sprüche sowie andere Hass-Botschaften in der Öffentlichkeit. (epd/mig) Aktuell Panorama Studien

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