Verwaltungsgericht Wiesbaden
Verfassungsschutz muss begrenzt Auskünfte aus NSU-Berichten geben
Die bloße formale Einordnung eines Vorgangs als geheim begründet keine absolute Geheimhaltung gegenüber Journalisten. Das hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden entschieden. Der Journalist hatte Auskunft aus NSU-Akten begehrt.
Mittwoch, 21.08.2019, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 22.08.2019, 16:48 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Der hessische Verfassungsschutz muss einem Journalisten bestimmte Auskünfte aus den geheim gehaltenen Berichten zur rechtsextremistischen Terrorgruppe NSU geben. Eine Verschlusssachenanweisung könne den Auskunftsanspruch aus dem Pressegesetz nicht einschränken, da es sich lediglich um eine Verwaltungsvorschrift handele und nicht um ein Gesetz, begründete das Verwaltungsgericht Wiesbaden seinen Beschluss vom Montag. Allerdings müssten bei Auskunftsansprüchen gegen den Verfassungsschutz wegen dessen Geheimhaltungspflichten hohe Maßstäbe angelegt werden. (AZ: 2 L 1168/19.WI)
Das Gericht gab damit teilweise dem Eilantrag eines Journalisten statt. Das Landesamt für Verfassungsschutz müsse beantworten, an wie vielen Stellen im Zwischenbericht zum NSU von 2013 und dem Abschlussbericht zum NSU von 2014 die Namen von Andreas Temme, Benjamin Gärtner und Stephan Ernst genannt werden. Temme war zum Zeitpunkt des NSU-Mordes an dem Kasseler Internetcafe-Besitzer Halit Yozgat Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz. Gärtner war ein V-Mann des Landesamtes für Verfassungsschutz. Ernst gilt als Hauptverdächtiger im Mordfall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.
Keine absolute Geheimhaltung
Der Journalist habe Auskunft begehrt, um nach seinen Angaben die NSU-Morde und den Mord an Lübcke aufzuklären, teilte das Gericht mit. Die Berichterstattung solle dazu dienen, weitere Morde durch Offenlegung des Unterstützersystems des NSU zu verhindern. Behörden könnten zwar den presserechtlichen Auskunftsanspruch durch Geheimhaltungsvorschriften einschränken, jedoch sei „die bloße formale Einordnung eines Vorgangs als geheim nicht dazu geeignet“.
Das Gericht schränkte jedoch ein, dass der Journalist nicht die Offenlegung der Texte fordern dürfe, in denen die jeweiligen Namen stehen. Eine Akteneinsicht sei von dem presserechtlichen Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht erfasst. Sonst seien Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes möglich, die der Geheimhaltung unterliege. Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. (epd/mig) Aktuell Recht
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