Amtsgericht Sonthofen
Kirchenasyl-Prozess gegen Pfarrer eingestellt
Weil Pfarrer Ulrich Gampert einem Geflüchteten Kirchenasyl gewährt hatte musste er sich vor Gericht verantworten. Jetzt wurde das Verfahren gegen ihn und den Geflüchteten eingestellt. Die Kirche hätten gerne eine grundsätzliche Klärung bekommen.
Freitag, 20.09.2019, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 22.09.2019, 16:38 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das Amtsgericht Sonthofen hat das Verfahren gegen den evangelischen Pfarrer Ulrich Gampert wegen der Gewährung von Kirchenasyl eingestellt. Es gebe im vorliegenden Fall lediglich eine geringe Schuld, begründete die Vorsitzende Richterin Brigitte Gramatte-Dresse ihre Entscheidung. Gampert muss jedoch eine Geldbuße von 3.000 Euro an das gemeinnützige „Haus International“ in Kempten zahlen, das sich unter anderem um Flüchtlinge kümmert. Die bayerische evangelische Landeskirche zeigte sich erleichtert.
Auch das Verfahren gegen den afghanischen Flüchtling Reza Jafari stellte das Gericht wegen geringer Schuld ein. Dem 23-Jährigen wurde auferlegt, 80 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Der 64-jährige Gampert aus Immenstadt (Allgäu) hatte sich vor Gericht verantworten müssen, weil er und seine Kirchengemeinde den Flüchtling mehr als ein Jahr lang im Kirchenasyl beherbergt hatte. Die Justiz warf ihm deshalb „Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt“ vor. Gampert hatte daher zunächst einen Strafbefehl über 4.000 Euro erhalten.
Weil er dagegen Einspruch einlegte, landete der Fall vor Gericht. Jafari ging ein Strafbefehl über 900 Euro zu. Er legte ebenfalls Einspruch ein. Nach dem Urteil zeigte sich der Pfarrer erleichtert. Ihm sei wichtig, dass er lediglich eine Geldbuße zahlen müsse. Dies bedeute auch, dass Kirchenasyl damit nicht grundsätzlich als strafbare Handlung gelte, sagte Gambert: „Ich hatte den Eindruck, dass es vonseiten des Gerichts keine grundsätzliche Infragestellung des Kirchenasyls gibt.“
Kirchenasyl stets eine Einzelfallentscheidung
Vor dem Richterspruch hatten sich die beteiligten Parteien knapp zwei Stunden zurückgezogen, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit nach einer Lösung zu suchen. In der Begründung für die Entscheidung machte die Richterin schließlich klar, dass es kein Recht auf Kirchenasyl gebe: „Ob ein Kirchenasyl rechtens ist oder nicht, ist stets eine Einzelfallentscheidung.“
Die Strafbefehle seien in dem vorliegenden Fall unter anderem deshalb ausgestellt worden, weil das Kirchenasyl besonders lange gedauert habe und die Kirchengemeinde auf ein Schreiben der Staatsanwaltschaft nicht reagiert habe. Solange es keine gesetzliche Regelung zum Kirchenasyl und zum Umgang mit gut integrierten Flüchtlingen gebe, seien die Gerichte gezwungen nach geltendem Recht zu entscheiden: „Und danach kann Kirchenasyl im Einzelfall auch strafbar sein“, sagte die Richterin.
Erst einmal kein Kirchenasyl
Pfarrer Gampert betonte im Anschluss an die Verhandlung, er würde sich wünschen, dass Kirchenasyle „mehrheitlich nicht staatsanwaltlich verfolgt werden“ und man stattdessen versuche, einvernehmlich eine Lösung zu finden. Auf die Frage, ob er mit seiner Gemeinde noch einmal ein Kirchenasyl gewähren würde, meinte Gampert: „Vielleicht erst einmal nicht.“ Wenn jedoch einem Menschen ohne Kirchenasyl die „Beschädigung seines Lebens droht, dann hoffe ich, dass wir wieder so entscheiden würden“.
Der in der bayerischen Landeskirche unter anderem für Flucht, Migration und Asyl zuständige Oberkirchenrat Michael Martin sagte nach Bekanntwerden der Gerichtsentscheidung: „Wir sind froh und erleichtert, dass beide Verfahren gegen Pfarrer Ulrich Gampert und Herrn Reza Jafari wegen geringer Schuld gegen Auflage eingestellt wurden.“ Als Landeskirche hätte man gerne eine grundsätzliche Klärung bekommen, ob die Gewährung von Kirchenasyl Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ist. „Die Richterin führte aus, dass in jedem Fall eine Einzelfallabwägung vorgenommen werden muss“, sagte Martin. Deshalb liege mit dieser Entscheidung noch keine grundsätzliche Klärung vor. (epd/mig) Aktuell Recht
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