Nebenan
Wiedervereinigungen
Gehen wir zu einer Diskussion über, die gerade in ihre Endphase übergegangen ist und die in diesem Land auch tatsächlich stattfindet. Reden wir über den Brexit.
Von Sven Bensmann Dienstag, 08.10.2019, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 09.10.2019, 22:56 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Was soll ich sagen? In den USA mutiert eine schrumpelige Orange zu einem prallen Pfirsich (pun intended!) und in Deutschland, das seine Nationalisten zu einem jüdisch-christlichen Abendland zählen, dem sie zuvor mit Gewalt alles Jüdische ausgetrieben hatten, stören ebendiese Nationalisten die Totenruhe eines Mannes, dessen einziges Verbrechen – analog zum in Trumps Amerika kolportierten Straftatbestand „existing while black“ – das Leben unter Einfluss türkischen Genmaterials war.
Wenn es einen kleinsten gemeinsamen Nenner der Menschen eines jüdisch-christlichen Abendlandes gäbe, so wäre dies – so sollte man glauben – „Ruhe(t) in Frieden“. Wenn schon nicht mehr, dann doch zumindest das. Und dann haben wir auch noch herausgefunden, dass der Ostdeutsche nur 75 Prozent des Wessis verdient – das ist immerhin fast so viel wie eine Frau.
Andererseits: Zu Trumps im-peach-ment-Verfahren kann ich nichts beitragen und den Wichsern von Zwickau will ich auch nicht mehr Aufmerksamkeit schenken, als unbedingt nötig. Außerdem haben die Ossis keine superreichen Erben, die vermutlich allein schon die 25 Prozent Unterschieds ausmachen. Ganz unten ist man dann aber auf Augenhöhe.
Gehen wir daher zu einer Diskussion über, die gerade in ihre Endphase übergegangen ist und die in diesem Land auch tatsächlich stattfindet. Reden wir über den Brexit.
Auch nach gefühlten zwei Dekaden an Verhandlungen gibt es immer keine Lösung dafür, wie man Nordirland aus der europäischen Union herausholt, ohne eine Grenze zur verbleibenden Republik Irland zu schaffen. Diesen Bruch des Karfreitagsabkommens, der den irischen Bürgerkrieg womöglich wieder entzünden würde, wollen viele – aber längst nicht alle – unbedingt verhindern. Eine Lösung gibt es aber offenkundig ganz einfach nicht.
Wenn eine Lösung dieses Problems also nicht möglich ist, dann ist es ja vielleicht möglich, das Problem gegen ein anderes auszutauschen. Und interessanterweise bietet sich tatsächlich ein ganz neues Problem an, dass sich leicht substituieren lässt. Denn eigentlich waren es doch nur die Engländer, die aus der EU rauswollten. Waliser und Schotten wollten und wollen das nicht und haben bereits mehr oder weniger fortgeschrittene Pläne für eine eigene Unabhängigkeit und einen Wiedereintritt in die EU. Und die Nordiren haben ebenfalls pro-EU abgestimmt – aber schon seit über 2 Jahren kein Parlament mehr, dass Pläne machen könnte.
Statt also eine Grenze zwischen den irischen Staaten zu diskutieren, sollte endlich jemand den Vorschlag machen, eine Grenze zwischen England und dem Rest der EU zu ziehen. Die Geschichte von Walisern, Schotten und Engländern war zwar auch nicht immer reibungslos, aber die Gefahr von Gewalt ist weniger immanent. Einen Backstop braucht dann niemand mehr – und die Tories sind ohnehin bereit, das vereinte Königreich auf dem Altar des Brexit zu opfern. Zusätzlich würde es den beteiligten Staaten viel Zeit und Geld für neue Referenden, für Unabhängigkeits- und Aufnahmeprozesse in die EU ersparen.
Die Lösung für Irland wäre dann ganz plötzlich bemerkenswert einfach: Es braucht keine Zollgrenze zwischen den irischen Staaten mehr. Der neue unabhängige nordirische Staat kann dann sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen und sich wieder selbst verwalten, statt aus London ferngelenkt zu werden – sei es in einer engen Anbindung an London, an Dublin – oder auch beide; und wer weiß: irgendwann vielleicht auch in der Wiedervereinigung.
Für diese Verhandlungen ließen sich sicherlich noch ein paar Monate Zeit finden – jetzt muss sich nur noch eine Bundeskanzlerin finden, die diesen Vorschlag auf internationaler Bühne macht. Irgendeine. Aktuell Meinung
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Prima Vorschlag!! Die wichtigste Voraussetzung gibt es bereits: eigene Fussballvereine und -nationalmannschaften :-))
Im Februar 1991 wurde von einer Kreuzung in der Naehe eine Rakete auf Downing Street 10 abgeschossen, die das Gebaeude verfehlte. Der damalige Premierminister Major: „Das zeigt, dass die Demokratie staerker ist als der Terror.“ Wer so einen Premier hat, braucht kein Schottland, Wales und Nordirland bzw. diese ihr Glueck allein suchen lassen, die Daenen durfen das ja auch.