„Nicht geeignet“
AfD-Politiker sollen Ausschuss-Vorsitz verlieren
Medienberichte legen nahe, dass der rheinland-pfälzische AfD-Politiker Joachim Paul unter Pseudonym Autor einer NPD-nahen Zeitschrift war. Der Abgeordnete weist alle Anschuldigungen zurück. Doch die Affäre könnte Konsequenzen für ihn haben. Auch im Bundestag steht ein AfD-Ausschussvorsitzender vor dem Aus.
Montag, 11.11.2019, 5:18 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.11.2019, 21:49 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach neuen Vorwürfen gegen den rheinland-pfälzischen AfD-Politiker Joachim Paul wollen die Regierungsfraktionen im Mainzer Landtag Paul als Vorsitzenden des Medienausschusses abwählen. „In dieser Funktion ist er als Repräsentant des Landtags und als Ausschussvorsitzender nicht mehr tragbar“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Martin Haller, am Mittwoch in Mainz. Aktuelle Recherchen von SWR und „tageszeitung“ legten den Verdacht nahe, dass Paul – anders als von ihm bislang behauptet – doch unter Pseudonym für eine rechtsextreme Zeitschrift geschrieben habe.
Die Grünen-Abgeordnete Pia Schellhammer sagte, die neuen Hinweise auf Pauls „demokratiefeindliche Einstellungen“ müssten Konsequenzen haben. Die Ampelfraktionen wollen für die Abwahl nun eine Sondersitzung des Ausschusses beantragen, die reguläre Sitzung am Donnerstag fällt hingegen aus, da die Regierungsfraktionen noch juristische Details klären wollen. Bislang gebe es im rheinland-pfälzischen Landtag keine Erfahrungen mit der Abwahl eines Ausschuss-Vorsitzenden, hieß es. Auch die CDU schließt eine Abwahl Pauls nicht aus: Sollte sich seine Urheberschaft für den fraglichen Text bestätigen, hätte er auch im Ausschuss die Unwahrheit gesagt und wäre als Vorsitzender nicht länger tragbar.
Neue Belege gefunden
Zuvor hatten SWR, NDR und taz nach eigenen Angaben neue Belege dafür gefunden, dass Paul Verfasser eines Artikels über einen rechtsextremistischen norwegischen Black-Metal-Musiker in der inzwischen eingestellten NPD-nahen Zeitschrift „Hier und Jetzt“ war. E-Mails, die den Redaktionen vorliegen, sollen dies belegen.
Der Abgeordnete, der beim Parteitag der rheinland-pfälzischen AfD in zehn Tagen für den Landesvorsitz kandidieren will, wies die Anschuldigungen am Nachmittag in einer schriftlichen Stellungnahme als „absurd“ zurück. „Extremistisches Gedankengut lehne ich ab“, heißt es darin. „Ich stehe mit beiden Beinen fest auf dem Boden unseres Grundgesetzes und weise diese Vorwürfe zurück.“ Er werde nicht zulassen, dass „Dritte durch wilde Spekulationen einen vermeintlichen ‚Rechtsruck‘ in der Partei konstruieren“.
Beschuldigter weist Vorwürfe zurück
Die von SWR und taz angeführten „angeblichen E-Mail-Adressen und E-Mails“ seien ihm nicht bekannt und ihm vom SWR trotz Nachfrage auch nicht vorgelegt worden, erklärte Paul. Ausgangspunkt für einen ersten, im Mai veröffentlichten taz-Bericht zu seiner angeblichen Autorenschaft sei ein lange zurückliegender „Datendiebstahl durch das linksextreme Milieu“ gewesen. Die Behauptung, er sei Autor des Artikels, hätten jedoch sowohl der Verlag als auch der damalige Chefredakteur dementiert.
Auch der Vorwurf, sein Dissertationsprojekt an der Universität Mainz sei wegen seiner rechtsgerichteten Einstellungen auf Initiative des Doktorvaters abgebrochen worden, sei falsch. „Tatsächlich endete die Betreuung durch meinen Mainzer Doktorvater im Jahr 2013, weil sich meine Arbeit thematisch von dem Forschungsgebiet des Professors entfernt hatte“, erklärte Paul.
AfD-Abwahl auch im Bundestag
Auch der Rechtsausschuss des Bundestags will seinen Vorsitzenden, den AfD-Politiker Stephan Brandner, abwählen. Das hätten die Obleute aller Fraktionen im Rechtsausschuss mit Ausnahme der AfD am Donnerstag beschlossen. Der Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling, erklärte, eine Abberufung durch den Ausschuss sei „grundsätzlich möglich“.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, erklärte, Brandner habe weder menschlich noch politisch die Eignung für den Vorsitz im Rechtsausschuss. Er bedaure, dass die AfD-Fraktion ihn weiter unterstütze, anstatt ihn zurückzuziehen. Daher hätten sich die übrigen Fraktionen entschlossen, erstmals in der 70-jährigen Parlamentsgeschichte einen Ausschussvorsitzenden abzuwählen. (epd/mig) Aktuell Politik
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