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„Migration tötet!“

Richter urteilt im Namen der NPD

Ein Urteil wie aus einem NPD-Programmheft. In einem Rechtsstreit um ein NPD-Wahlplakat mit der Aufschrift „Migration tötet!“ offenbart ein Richter völkische Denkmuster. Plakat sei nicht zu beanstanden, denn Migration töte tatsächlich – Mensch und Kultur.

Donnerstag, 05.12.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.01.2020, 11:46 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

„Stoppt die Invasion: Migration tötet!“ So lautete die Aufschrift eines Wahlplakats des NPD-Landesverbandes in Hessen zur Europawahl. Die Gemeinde Ranstadt ordnete die rechtsextreme Partei an, die Plakate abzuhängen. Begründung: Das Plakat schüre Angst vor Ausländern und erwecke den Eindruck, dass alle in Deutschland lebenden Migranten potenzielle Mörder seien. Weil die NPD der Aufforderung nicht nachkam, ließ die Gemeinde die Plakate abhängen. Die NPD klagte – und bekam Recht. Die jetzt bekanntgewordene Begründung des Richters aus August 2019 (4 K 2279/19.GI) liest sich wie ein Programmheft des Klägers, der NPD.

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„Die Geschehnisse im Jahr 2015 sind durchaus mit dem landläufigen Begriff der Invasion vergleichbar und beinhalten keine Wertung und damit keinen volksverhetzenden Charakter“, so der Richter im Urteil. Auch die Aufschrift „Migration tötet!“ sei nicht zu beanstanden, da Migration tatsächlich tödlich sei. Nach einem Exkurs u.a. in die Entstehungsgeschichte der Sahara zwischen 3000 und 1000 vor Christus, den Auszug der Israeliten aus Ägypten im Jahre 1250 v. Chr., bis hin zur Migration arabischer Stämme um 500 in Afrika kommt der Richter zu folgendem Schluss (Wortlaut):

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„Bereits hieran zeigt sich, dass Migration nicht erst ein Problem Europas oder Deutschlands seit dem Jahr 2015 ist, sondern seit Jahrtausenden besteht. Diese Migrationsbewegungen endeten teilweise auch mit erheblichem tödlichem Ausgang. Beispielhaft sei dies am Untergang des Römischen Reiches im Zuge der Völkerwanderung belegt. Das Römische Reich war fremdenfreundlich. Doch Einwanderer ließen sich nur in überschaubarer Zahl integrieren. Das Machtgefüge verschob sich. Den Fremden blieb das Reich fremd – trotzdem übernahmen sie die Macht“.

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Richter: „Migration tötet“ ist Realität

Als weitere Beispiele mit tödlichem Ausgang führt der Richter die Migration von Europäern nach Nordamerika und die Besiedelung von Spaniern und Portugiesen in Südamerika aus. Daraus leitet der Richter Folgendes ab: „Aus den vorzitierten beispielhaften historischen Wanderungsbewegungen wird deutlich, dass Migration tatsächlich in der Lage ist, Tod und Verderben mit sich zu bringen. Eine volksverhetzende Äußerung ist hiermit nicht verbunden, sondern die Darstellung einer Realität, die sich jedem erschließt, der sich mit der Geschichte der Wanderungsbewegungen befasst.“

Im Übrigen müsse sich der Slogan „Migration tötet“ nicht unmittelbar nur auf den Tod von Menschen beziehen. „Wie vorstehend am Beispiel des Römischen Reiches wie auch Kanadas und der USA sowie Südamerikas belegt, hat die dortige Einwanderung nicht nur zum Tod von Menschen geführt, sondern auch zum Zusammenbruch und damit auch zwangsläufig zum Tod der jeweils dort vorhandenen Kultur. Auch ein kultureller Tod kann ein Tod im Sinne des Werbeslogans sein“, heißt es in dem Urteil.

Richter: Gefahr nicht von der Hand zu weisen

Einwanderung stelle „naturgemäß eine Gefahr für kulturelle Werte an dem Ort dar, an dem die Einwanderung stattfindet“, führt der Richter im Urteil aus und ergänzt: „Auch hier kann dem Wahlslogan ‚Migration tötet‘ eine volksverhetzende oder menschenverachtende Wirkung nicht beigemessen werden, denn eine bestehende Gefahr für die deutsche Kultur und Rechtsordnung sowie menschliches Leben ist nicht von der Hand zu weisen.“

Der Einzelrichter kommt zu dem Ergebnis, dass das Wahlplakat nicht volksverhetzend ist. „Im Hintergrund des Plakates sind deutsche Städte und Orte genannt, an denen es nachweislich zu Gewalt- oder Tötungsdelikten gekommen ist, die von in Deutschland sich aufhaltenden Personen begangen wurden, die nicht Deutsche und damit Ausländer sind“, heißt es in der Begründung. Es handele sich „allenfalls um eine reißerische Darstellung von Geschehnissen“ in Deutschland, „bei denen Menschen durch Ausländer (Migranten) ums Leben gekommen sind“

Experte: Urteil ein Skandal

Für den Rechts- und Politikwissenschaftler an den Universitäten Frankfurt am Main und Kassel, Maximilian Pichl, ist das Urteil ein „Skandal“. Der Wissenschaftler Pichl erklärt, von der juristischen Logik her hätte der Richter diese inhaltlichen Ausführungen gar nicht machen müssen: „Er hatte wohl das Bedürfnis, sich zur Sache zu äußern. Es ist auffällig, dass er das macht.“ Der Richter übernehme in seiner Argumentation eine „völkische Deutung von Geschichte“, argumentiere aber gar nicht unter juristischen Aspekten und beachte gar nicht die Tatsache, dass Flüchtlinge und Migrierende Rechtspositionen haben.

Pressesprecherin Sabine Dörr vom Verwaltungsgericht Gießen sagte dem epd am Montag auf Anfrage, im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit werde es keine „Kommentierung der Entscheidung“ geben. Die Gemeinde Ranstadt habe beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof Berufung eingelegt. (mig) Leitartikel Recht

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  1. Gerrit sagt:

    Starkes Stück … die Aussage „Migration tötet“ mit dem Untergang des römischen Reiches als Beispiel zu argumentieren.

    Nach dem Denken dieses Richters müssten alle Jäger losziehen und die amerikanischen Eichhörnchen „abballern“, weil sie die europäischen Eichhörnchen gefährden. Geht’s noch?

    Sac hlich mag es ja richtig sein, daß z.B. die Ureinwohner in Südamerika wegen der Krankheiten, die von den Europäern mitgebracht wurden, gestorben sind bzw. auf Grund der damaligen Waffen.

    Aber deswegen in diesem Zusammenhang und bezogen auf den Absender der Aussage den Ausspruch als richtig zu argumentieren zeigt nur eines: Wessen Geistes Kind dieser Richter ist.

    Hoffen wir, daß beim Hess. Verwaltungsgericht vernünftigere Menschen Recht sprechen.