Islam
Ditib bildet eigene Imame in Deutschland aus
In der Eifel sollen in den kommenden zwei Jahren zunächst 22 junge Menschen für die seelsorgerliche Arbeit in Gemeinden ausgebildet werden. Bislang kamen Imame meist aus dem Ausland. Die neue Akademie soll jedoch keine staatliche Förderung erhalten.
Montag, 13.01.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 11.01.2020, 22:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Islamverband Ditib bildet jetzt deutschsprachige Imame in Deutschland aus. Die ersten 22 jungen Menschen beginnen in Dahlem in der Eifel ihre zweijährige praktische Ausbildung, wie die Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) am Donnerstag vergangene Woche in Dahlem erklärte. Das sei ein historischer Tag nicht nur für die Ditib, sondern für ganz Deutschland, sagte der Vorstandsvorsitzende von Ditib Deutschland, Kazım Türkmen. Auch das Bundesinnenministerium wertete die Pläne als „wichtigen Schritt“. „Damit werden erste Voraussetzungen geschaffen, damit vermehrt Personal aus Deutschland in Ditib-Gemeinden eingestellt werden kann“, sagte der für Religionsfragen zuständige Staatssekretär Markus Kerber dem „Evangelischen Pressedienst“.
Zwölf Frauen und zehn Männer nehmen an dem ersten Jahrgang teil. Voraussetzung für die Aufnahme ist ein abgeschlossenes Theologiestudium an einer deutschen oder türkischen Universität sowie ein Ausbildungsplatz in einer Moscheegemeinde. Zu den Aufgaben eines Religionsbeauftragten gehören das Vorbeten, die Seelsorge, Gemeindepädagogik und religiöse Unterweisung. Außerdem sollen sie religiöser Ansprechpartner nach Geburten, Todesfällen oder bei Hochzeiten sein.
Jeder zehnte Ditib-Imam in Deutschland aufgewachsen
Imame in Ditib-Moscheen kommen bislang überwiegend aus dem Ausland. Das sorgte in der Vergangenheit für Kritik. So wurde Ditib-Imamen unter anderem vorgeworfen, mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland zu bespitzeln. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Die deutsche Politik fordert von Ditib seitdem eine größere Unabhängigkeit zur türkischen Religionsbehörde Diyanet.
Von den rund 1.100 Imamen der Ditib in Deutschland sind derzeit nach eigenen Angaben rund 110 deutschsprachige Religionsbeauftragte, die in Deutschland aufgewachsen sind. Bis Ende des Monats sollen es 140 sein.
Ministerium in der Kritik
Der Islamverband hat die ehemalige Jugendbildungsstätte in Dahlem im Jahr 2014 gekauft. Mehr als eine Million Euro hat die Ditib nach eigenen Angaben in das Projekt aus Eigenmitteln und Spenden investiert. Nach den Spitzelvorwürfen gegen Ditib-Imame werden seit 2017 keine Ditib-Projekte mehr mit Bundesmitteln gefördert.
Innen-Staatssekretär Kerber betonte, die Ausbildung und der Einsatz von Imamen seien aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Angelegenheit der religiösen Gemeinschaften. Der Staat steht in der Kritik, sich durch Förderung bestimmter muslimischer Gruppierungen in die Ausbildung von Imamen einzumischen. Kerber forderte auch eine stärkere Unabhängigkeit der Ditib vom türkischen Staat.
Staat bezahlt Imam-Ausbildung
In Osnabrück wurde im November ein Verein gegründet, dem islamische Theologen der dortigen Universität, Vertreter anderer Islam-Verbände und Einzelpersonen angehören. Ziel des Vereins ist es ebenfalls, ein Kolleg für die Ausbildung muslimischer Geistlicher zu organisieren. Dieser Verein könnte anders als die Ditib-Akademie auch eine finanzielle Förderung vom Bund erhalten.
Die Grünen-Politikerin, Filiz Polat, würdigte den Start der neuen Ausbildungsstätte als „essenziell für eine eigenständige Religionsausübung der hier lebenden Musliminnen und Muslime“. Als weisungsgebundene Beamte der türkischen Religionsbehörde blieben die Imame jedoch der politischen Einflussnahme ausgesetzt. „Solange strukturell und finanziell eine Abhängigkeit gegeben ist, kann nicht von einer eigenständigen Religionsausübung der Musliminnen und Muslime in Deutschland die Rede sein“, kritisierte Polat. (epd/mig) Aktuell Panorama
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