Bundesweite Festnahmen
Rechtsextremisten planten Blutbad in Moscheen
Nach Razzien sind zwölf Männer wegen Bildung und Unterstützung einer rechten Terrorzelle festgenommen worden, einer der Beschuldigten ist Polizeimitarbeiter. Es wurde eine Waffe gefunden, wie sie auch der Halle-Attentäter besaß. Die Beschuldigten wollten Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Muslime verüben.
Von Leonie Mielke Montag, 17.02.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.02.2020, 16:38 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Wegen des Verdachts der Bildung und Unterstützung einer rechtsterroristischen Vereinigung hat die Bundesanwaltschaft am Freitag zwölf Männer festnehmen lassen. Am Vormittag hatte es deswegen in mehreren Bundesländern Durchsuchungen gegeben. Dabei wurde laut Medienberichten auch eine ähnliche Schusswaffe gefunden, wie sie der antisemitische Attentäter von Halle besaß. Die Beschuldigten wurden dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Gegen sie wurden Haftbefehle erlassen. Seitdem sitzen sie in Untersuchungshaft.
Durchsuchungen gab es in 13 Wohnungen in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Ziel des Netzwerkes sei es gewesen, die Staats- und Gesellschaftsordnung in Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden, teilte der Generalbundesanwalt mit. Dafür sollten den Angaben zufolge Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Muslime verübt werden, um bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuführen. Die Anschläge seien noch nicht näher konkretisiert worden.
Fünf Personen werfen die Ermittler vor, die Terrorzelle gegründet zu haben. Sie sollen sich im September 2019 zu einer rechtsterroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben. Vier von ihnen wurden festgenommen. Medienberichten zufolge agierten die vier mutmaßlichen Mitglieder und acht Unterstützer unter dem Gruppennamen „Der harte Kern“. Zudem durchsuchten die Ermittler die Wohnungen von acht Unterstützern, die ebenfalls festgenommen wurden. Die acht mutmaßlichen Unterstützer sollen zugesagt haben, die Vereinigung finanziell zu unterstützen, Waffen zu beschaffen oder an den Anschlägen mitzuwirken.
Konkrete Pläne für Angriffe auf Moscheen
Nach Informationen des Magazins „Spiegel“ wurde der mutmaßliche Anführer der Gruppe von den Sicherheitsbehörden als rechtsextremer Gefährder geführt. Nach Medienberichten wurden bei den Razzien scharfe Waffen gefunden, neben einer schussbereiten 9-Millimeter-Pistole auch selbst gebaute Handgranaten.
Laut SWR und ARD hatte die Gruppe auch konkrete Pläne, wie etwa Moscheen in kleineren Städten anzugreifen. Der „Spiegel“ berichtete, in einem von den Behörden überwachten Gespräch sei die Rede von „Kommandos“ gewesen, die angeblich in „zehn Bundesländern“ zuschlagen sollten nach dem Vorbild des Attentates im neuseeländischen Christchurch. Dort hatte am 15. März 2019 ein 28-jähriger australischer Rechtsextremist bei einem Terroranschlag auf zwei Moscheen 51 Menschen erschossen.
Festgenommener ist Mitarbeiter der Polizei
Die zwischen 20 und 50 Jahre alten Männer hätten sich über den Messengerdienst WhatsApp kennengelernt und vernetzt, hieß es unter Berufung auf Ermittlerkreise. Später habe es etliche Treffen der Mitglieder gegeben. Die Ermittler hätten mehrere Bezüge der Männer zur rechtsextremen Gruppierung „Soldiers of Odin“ (SOO) festgestellt. Die SOO ist eine 2015 in Finnland gegründete rechtsextremistische Bürgerwehr, die sich dann auch in Deutschland bildete.
Bei einem der Festgenommenen soll es sich um einen Verwaltungsmitarbeiter der Polizei in Nordrhein-Westfalen handeln, wie der „Der Spiegel“ unter Berufung auf NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mitteilte. Unter den gefundenen Waffen soll sich auch eine selbstgebaute „Slam“-Gun befinden. Eine ähnliche Schusswaffe besaß den Angaben zufolge auch der Attentäter von Halle, der im vergangenen Oktober eine Synagoge attackierte. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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Schon merkwürdig, dass bei Angriffen auf Moscheen und Menschen muslimischen Glaubens sich die Empörung aus Politik u. Gesellschaft
sehr in Grenzen hält!
Geht es um den Schutz ‚jüdischen Lebens‘, sieht das anders aus, wiewohl diese ständig wiederholte Schutz-Rhetorik alles andere als glaubwürdig erscheint.
Wenn es stimmt, dass Menschen alle gleichwürdig sind, braucht es keine Opfer-Hierarchisierung. Das gute Leben für alle und ohne Angst verschieden sein können wird jedoch mit der vorherrschenden Partei-Politik und deren Verteidigung ökonomischer Machtverhältnisse nicht zu erreichen sein.
Ferda Atamann in folgendem dlf-Gespräch:
„Aber was schon auffällt, … – oder wenn man es sich einmal kurz umgedreht vorstellt, wäre das jetzt ein islamistisches Attentat gewesen, dann würde ich vermuten, dass heute Abend diese Meldung, nämlich zehn Anschläge bundesweit geplant, durchaus überall Aufmacher gewesen wäre. Das ist schon auffällig, dass diese Meldung, die eigentlich, wenn man sich kurz damit auseinandersetzt, dass hier so ein Freiwilligenkorps geplant war mit Menschen, die sich wirklich bewaffnet haben – also man hat bei den Razzien ja auch Waffen gefunden, bei den einzelnen Personen –, dass das jetzt irgendwie eine Meldung unter vielen ist und irgendwie an fünfter oder sechster Stelle kurz vermeldet wird und jetzt nicht der große Aufreger, das finde ich schon beunruhigend. Und eben umgekehrt, wäre es ein islamistischer Anschlag, hätte es wahrscheinlich die Aufmerksamkeit bekommen, die ihm auch gebührt hätte.“
https://www.deutschlandfunkkultur.de/ferda-ataman-zur-medienresonanz-auf-verhaftungen-wir.1013.de.html?dram:article_id=470429