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Schäuble fordert Selbstkritik

Debatte über Konsequenzen aus Hanau ohne Konsequenzen

Nach dem rassistischen Anschlag von Hanau ging auch der Bundestag in dieser Woche nicht einfach zur Tagesordnung über. Anderthalb Stunden debattierte das Parlament am Donnerstag über Konsequenzen aus der Bluttat - ohne welche zu ziehen.

Freitag, 06.03.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 05.03.2020, 16:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Appelle gegen Rassismus, bewegte Reden und Versprechen über Konsequenzen: Der Bundestag hat am Donnerstag über die Auswirkungen der rechtsextrem motivierten Morde in Hanau debattiert. Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus und Antisemitismus seien „die höchste Gefährdung unseres freiheitlichen Rechtsstaates“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Parlament. Er kündigte an, weiter entschlossen gegen diese Gefahr vorgehen zu wollen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, nach der Tat sei das Gebot der Stunde, „auszusprechen, was ist“: „In der Nacht des 19. Februar hat ein Rassist in Hanau einen Massenmord begangen.“

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Zehn Menschen – neun Menschen mit Migrationshintergrund und die Mutter des Täters – wurden bei dem Anschlag in der hessischen Stadt ermordet. Der Generalbundesanwalt sprach von einem rassistischen Motiv des Täters. Die Tat erschütterte Deutschland. Am Mittwochabend wurde bei einer Trauerfeier in Hanau, an der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahmen, an die Opfer erinnert. Beide verfolgten am Donnerstag auch die Bundestagsdebatte, Steinmeier auf der Besuchertribüne des Parlaments.

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In der vereinbarten Debatte standen auch die Abgeordneten im Mittelpunkt, die selbst einen Migrationshintergrund haben oder von Drohungen betroffen sind. „Ich spüre zum ersten Mal seit langem, dass Menschen zurecht Angst vor der Zukunft haben“, sagte der im Iran geborene FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai in einer persönlichen Rede. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich stellte sich in seiner Rede hinter seinen Fraktionskollegen Karamba Diaby, dessen Büro in Halle angegriffen wurde. Mehrere Redner nannten die Namen der Opfer von Hanau und erinnerten auch an die Opfer der Rechtsterroristen des NSU.

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Schäuble fordert Selbstkritik

Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble verlas die Namen der Opfer. Er forderte die Politik bei der Eröffnung der Debatte zu einer ehrlichen Aufarbeitung auf. „Selbstkritik, entschlossenes Handeln – das sind wir den Ermordeten von Hanau schuldig“, sagte Schäuble. Betroffenheit reiche längst nicht mehr. Der Staat müsse sich eingestehen, die rechtsextremistische Gefahr zu lange unterschätzt zu haben.

Viele Redner forderten noch mehr Anstrengungen aller staatlichen Ebenen und der Gesellschaft im Kampf gegen Rassismus. Es müsse noch mehr Zeit und Geld gegen den Hass investiert werden, sagte der Unionsfraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU). Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour forderte einen „Aufstand der Zuständigen“. Institutionen wie die Polizei müssten aufstehen gegen Rassismus.

AfD: Täter war krank

Die AfD blieb im Bundestag bei ihrer Bewertung, in Hanau habe es sich um die Tat eines psychisch Kranken gehandelt und warf den anderen Parteien vor, die Tat zu „instrumentalisieren“. Der Forderung mehrerer Redner, sich im politischen Dialog um eine respektvolle Sprache zu bemühen, hielt Gottfried Curio (AfD) entgegen: „Nicht aus Worten, aus Wahnvorstellungen wurden Taten.“

Unionsfraktionschef Brinkhaus dankte in seiner Rede den Bürgern, die auf der Straße Trauer gezeigt hätten. Er habe trotz der Erschütterung Hoffung, weil man in den vergangenen Tagen gesehen habe, „wie Menschen zusammenstehen und Haltung zeigen“. „Wir sind nicht eine Wiederholung von Weimar. Wir sind eine mutige Demokratie“, sagte SPD-Fraktionschef Mützenich. (epd/mig) Leitartikel Politik

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