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Asyl

Gericht erlaubt Leistungskürzung als Anreiz zur Ausreise

Asylbewerbern können nach einem Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück Geldleistungen gekürzt werden, wenn sie bereits in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt haben. Verfassungswidrig sei das nicht, weil es um einen Anreiz zur freiwilligen Ausreise gehe.

Mittwoch, 11.03.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.03.2020, 9:55 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Städte und Landkreise dürfen einem Asylbewerber nach einem Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück Geldleistungen kürzen, wenn er bereits in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt hat. Es habe die Klage eines Sudanesen gegen die Leistungskürzung durch den Landkreis Osnabrück abgelehnt, teilte das Sozialgericht am Dienstag mit. Der hatte zuerst in Frankreich Asyl beantragt.

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Entscheidend sei, dass der in Deutschland gestellte Asylantrag unzulässig sei, da nach dem sogenannten Dublin-Verfahren das Ersteinreiseland zuständig sei. Die Leistungskürzung könne als Anreiz für die freiwillige Ausreise nach Frankreich betrachtet werden. (AZ: S 44 AY 76/19 ER)

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe den Asylantrag des 2019 eingereisten Mannes Ende Dezember abgelehnt, weil er bereits 2017 einen Asylantrag in Frankreich gestellt hatte, hieß es. Daraufhin habe der Landkreis Osnabrück ihm die Zahlungen gekürzt, die ihm nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustanden. Der Mann habe nur noch Geld für Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege bekommen.

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Anreiz zur freiwilligen Ausreise

Das Gericht entschied, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2019 zu Sanktionen bei Hartz-IV-Empfängern treffe auf diesen Fall nicht zu. Danach wären Kürzungen von mehr als 30 Prozent des Regelsatzes nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Das Bundesverfassungsgericht habe sich nur mit der Leistungskürzung zur Wiedereingliederung in Arbeit befasst. Hier gehe es aber um einen Anreiz zur freiwilligen Ausreise nach Frankreich. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Sie kann mit der Beschwerde zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen angegriffen werden. (epd/mig) Aktuell Recht

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  1. Berater sagt:

    Das ist nicht ganz richtig: es ist ein Beschluss, kein Urteil. Damit ist es eine Entscheidung im Eilrechtsschutzverfahren, in dem über den Antrag auf einstweilige Anordnung des Klägers entschieden wurde – nicht aber über die Klage, deren Entscheidung mit einem Urteil ergehen würde. Für Betroffene gibt es die Möglichkeit vor dem LSG Bremen-Niedersachsen gegen die Entscheidung vorzugehen. Und: trotzdem macht es Sinn, im Gerichtsbezirk Osnabrück und an anderen Stellen weiterhin Widersprüche und parallel Anträge aus einstweiligen Rechtsschutz und Klage einzureichen bei Leistungskürzungen nach dem AsylbLG, da A) das Hauptsacheverfahren anders ausgehen kann und B) die Ausreise jetzt nicht mehr möglich sein dürfte, aufgrund der Grenzschließungen und C) das SG Oldenburg zwei gegenteilige Entscheidungen im Eilrechtsschutzverfahren getroffen hat. S 25 AY 3/20 ER und S25 AY 7/20 ER. Das heißt: auch wenn diese Entscheidung durch das SG Osnabrück negativ war, sollten Betroffene sich dadurch nicht vom Rechtsweg abhalten lassen und Widersprüche sowie Eilrechtsschutzanträge stellen und ebenso Überprüfungsanträge nach §44 SGB X für verfristete Bescheide stellen, da das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungskürzung ein starkes Argument für den Rechtsweg ist und insgesamt eine nicht geringe Erfolgsaussicht bietet. Auch das LSG Bremen-Niedersachsen hatte verfassungsrechtliche Zweifel an den Kürzungen nach §1a AsylbLG in einer Entscheidung geäußert, woraus sich im Widerspruch und im Eilrechtsschutzverfahren und im Klageverfahren bezogen werden kann