Jahresbericht
Presserat: Berichte über Rechtsterror sorgen für Ärger
Wer Kritik an der Medienberichterstattung hat, kann sich beim Presserat offiziell beschweren. 2019 nahmen mehr Leser diese Möglichkeit wahr. Die Zahl der Beschwerden über die Nennung von Täterherkunft ging zurück.
Dienstag, 24.03.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 23.03.2020, 17:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Zahl der Leserbeschwerden beim Deutschen Presserat steigt weiter an. Das Selbstkontrollorgan erhielt 2019 insgesamt 2.175 Beschwerden, 137 mehr als im Vorjahr, wie aus dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht. Jede dritte betraf demnach mögliche Verstöße gegen die Sorgfalt bei der Recherche und bei der Darstellung von Sachverhalten – häufig seien sie aber unbegründet gewesen. Nur im Jahr 2015 gab es in der Geschichte des Presserats mehr Beschwerden (2.358).
Rückläufig indes war die Zahl der Beschwerden (24) bezüglich einer Nennung der Herkunft von Straftätern oder Verdächtigen. 2018 waren es sechs mehr. Grundsätzlich soll die Herkunft nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. So hätten die Ausschüsse die Nennung der Herkunft akzeptiert, wenn ein besonders schweres Verbrechen vorlag wie etwa im Sommer vergangenen Jahres, als ein Mann einen Jungen und dessen Mutter am Frankfurter Hauptbahnhof vor einen einfahrenden ICE stieß.
Entscheiden wird der Presserat nach eigenen Angaben noch über die Berichterstattung nach dem rechtsterroristischen Anschlag von Hanau im Februar. Im Mittelpunkt stehe die Frage, ob Medien Material verbreiten dürfen, das von solchen Tätern stammt, da diese mit Videobotschaften, Manifesten oder Live-Übertragungen im Internet bewusst die Öffentlichkeit suchten.
Rüge für Zeigen von Halle-Video
In Bezug auf die rechtsextremistischen Anschläge von Halle und Christchurch erteilten die Beschwerdeausschüsse laut Jahresbericht jeweils Rügen für die Veröffentlichung von Ausschnitten der Videos, welche die Täter während ihrer Taten angefertigt und live im Internet gestreamt hatten. Der Presserat sah darin einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex, wonach die Medien sich nicht zum Werkzeug von Verbrechern machen dürfen. Mit dieser Begründung hatte der Presserat „Bild.de“ gerügt.
Im hessischen Hanau hatte ein Mann vor einem Monat neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen, einige von ihnen in einer Shisha-Bar. In Halle wurden im Oktober eine Frau und ein Mann von einem Täter erschossen, der ein Blutbad in einer Synagoge geplant hatte. Im neuseeländischen Christchurch hatte vor einem Jahr ein Attentäter bei einem Angriff auf zwei Moscheen 50 Menschen getötet. Auch damals hatte „Bild.de“ das Video des Attentäters gezeigt und scharfe Kritik geerntet.
Der Pressekodex enthält Regeln für die tägliche Arbeit von Journalisten. Der Presserat prüft auf dieser Grundlage Beschwerden gegen Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien. Am häufigsten waren nach wie vor Regionalmedien betroffen. Bei Verstößen kann das Gremium Sanktionen aussprechen, als schärfste Maßnahme eine öffentliche Rüge. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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