Nebenan
Corona-Ermüdungserscheinungen
Alles dreht sich nur noch um Corona, dabei dreht sich die Welt weiter: In Syrien herrscht immer noch Krieg, Millionen Geflüchtete leben immer noch im Dreck; und wir machen uns ein paar warme Gedanken, dass wir ein paar Kinder aufgenommen haben.
Von Sven Bensmann Dienstag, 21.04.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.04.2020, 11:23 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich schalte bei Corona mittlerweile immer öfter ab. Sicher, Corona ist das Thema der Zeit, Corona bringt noch immer Quote, bringt immer noch Klicks – aber ich bin es inzwischen müde und, wie die Jugend von heute wohl sagt, „mir ist der Scheiß, den ich drauf geben könnte, gerade ausgegangen“ – aufgrund der Epidemie wird eben nicht mehr nachgeliefert, die Fließbänder stehen ja alle still.
Dass die Politik am Thema dranbleibt, ist ja richtig und wichtig – das ist deren Job – aber ignorieren wir nicht auch sonst geradezu genüsslich, was Berlin so treibt? Müssen wir wirklich weiterhin unser Leben, unseren Alltag, unseren Medienkonsum, unseren Smalltalk vollständig um das Thema Corona herumstrukturieren? Kann Comedy plötzlich nicht mehr anders, als Pandemie, als Witze über Klopapier und lasche Laschets? Können Journalisten plötzlich nur noch Husten und Schnupfen? Kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur noch Themenjahr Corona? Immerhin die Privaten bleiben Ihrer Königsdisziplin „Wiederholungen in Dauerschleife“ ja treu – aber wer schaut sich die schon freiwillig an?
Trotzdem dreht sich die Welt weiter, selbst in Zeiten von Corona: In Syrien herrscht immer noch Krieg, Millionen Geflüchtete leben immer noch im Dreck – der mittlerweile auch noch mit Corona infiziert sein dürfte; und wir machen uns ein paar warme Gedanken dabei, dass wir ein paar Hundert Kinder aufgenommen haben. In Hühnerställen werden weiterhin jene Reserveantibiotika eingesetzt, auf die die Krankenhäuser im Kampf gegen multiresistente Krankenhauskeime dringend angewiesen wären, um in diesen Ställen die nächste Pandemie heranzuzüchten. Trotzdem schauen wir natürlich lieber auf die sogenannten „wet markets“ – die sind schließlich weiter weg und verlangen nicht nach einer Anpassung des eigenen destruktiven Verhaltens.
Immerhin der Klimawandel macht etwas Pause: Der weltweite Lockdown hat uns trotz aller Versäumnisse der letzten 30 Jahre fast schon so etwas wie auf Kurs in die grobe Richtung des 2°-Ziel geführt. Pandas, bekannt als notorisch paarungs-unwillig, gehen in den Zoos ordentlich in die Vollen, weil sie endlich unbeobachtet sind. Wer hätte gedacht, dass Gaffer beim Sex stören können? Nur die Bauern, die Zehntausende Osteuropäer auf engstem Raum zusammengepfercht haben, um in diesen Coronakolonien Viren zu säen, meckern schon wieder, dass es wegen des Klimawandels gar nichts zu ernten geben werde und sie dringend Geld vom Staat benötigen, bevor man es am Ende noch Arbeitslosen oder Kriegsflüchtlingen in den Rachen werfe.
Überhaupt blüht die Natur, befreit vom Joch des Menschen, auf. Wer seinem Egoismus überwinden kann, wird da zugeben müssen, dass es kaum eine bessere Werbung für Pandemien und die globale Auslöschung der menschlichen Rasse geben kann. Selbstverständlich kann das niemand, der Angela Merkel, Olaf Scholz, Donald Trump und Boris Johnson, Oliver Pocher, Pietro Lombardi, die Wollnys und den Wendler für die Krone der Schöpfung hält, auch zugeben. Ich würde allerdings argumentieren, dass diese Hypothese auf ganz, ganz dünnem Eis steht. Aktuell Meinung
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