Corona-Hilferuf
Viele Migrantenorganisationen vor dem finanziellen Aus
Wegen den Corona-Einschränkungen stehen vielen Migrantenorganisationen vor dem finanziellen Aus. Die Grünen fordern einen Rettungsschirm für die Zivilgesellschaft. Integrationsbeauftragte Widmann-Mauz verspricht: Fördermittel laufen weiter.
Donnerstag, 23.04.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 22.04.2020, 20:10 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Sie leisten wertvolle, gemeinnützige Arbeit und entlasten den Staat durch Ehrenamt und selbstlosem Engagement bei der Bewältigung der Integrationsarbeit. Sie organisieren für neu eingewanderte Menschen Selbsthilfegruppen, begleiten sie bei Behördengängen, finden Arbeits- und Ausbildungsplätze, bringen ihnen Land und Sprache näher. Es ist die Rede von Migrantenselbstorganisationen, ein wichtiger Stützpfeiler des Einwanderungslandes Deutschland.
Manche von ihnen werden mit Bundes- und Landesmitteln auf Projektbasis gefördert – oft nur für ein paar wenige Jahre. Läuft die Förderung aus, müssen sie sich erneut um Fördergelder bewerben, quasi den Staat darum bitten, ihr bei der Integration helfen zu dürfen. Viele Vereine stemmen die Arbeit komplett aus Eigenmitteln oder engagieren sich ehrenamtlich. Finanziert wird die Hilfe oft durch Mitgliederbeiträgen und Spenden.
Seit der Corona-Pandemie kämpfen deshalb viele Migrantenselbstorganisationen ums finanzielle Überleben. Nahezu alle Spendenveranstaltungen können nicht stattfinden. Auch die Mitgliedsbeiträge drohen aufgrund finanzieller Engpässe der Mitglieder auszufallen. Auch in Organisationen mit professionellen Angeboten ist die Sorge vor einem finanziellen Kollaps groß, da sie Dienstleistungen nicht erbringen können und Einnahmen aus geplanten Kursen ersatzlos wegfallen.
Hilferuf des Multikulturellen Forums
Kenan Küçük, Geschäftsführer des Multikulturellen Forums, äußert sich in einem Hilferuf besorgt. „Die Krise trifft die Migrantenorganisationen hart“, erklärt er. Durch die Krise hätten viele Vereine ihre Einnahmequellen verloren zahlten aber nach wie vor laufende Kosten wie zum Beispiel Mieten. Von den bisher beschlossenen Rettungsschirmen könnten nur die wenigsten Migrantenorganisationen profitieren.
Die Corona-Krise treffe gerade die Benachteiligten der Gesellschaft und somit auch Migranten, in besonderem Maße. Die Selbstorganisationen seien da oft nur die einzige Anlaufstelle wenn es um Benachteiligung, Bildung oder Arbeitssuche gehe. Ohne sie entstünde eine große Lücke, die sich nicht ohne Weiteres schließen ließe, erklärt Küçük und ergänzt: „Schlimmer noch: Lässt man diese nun in der Krise allein und riskiert ihr Aus, verliert die pluralistische Gesellschaft wichtige Stimmen, wichtige Orte der Repräsentanz der Gesellschaft der Vielen, Sprachrohre für Vielfalt“.
Integrationsbeauftragte: Projektförderungen laufen weiter
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, verweist auf Anfrage des MiGAZIN auf mehrsprachige Informationen, die ihr Amt bereitstelle. Darin gehe es auch um Unterstützungsangebote der Bundesregierung, etwa in den Bereichen Arbeit, Wirtschaft oder Wohnen. Sie habe sich zuletzt Anfang April per Videokonferenz mit Vertretern von Migrantenorganisationen beraten.
Die Frage, ob der Staat Migrantenorganisationen finanziell unter die Arme greifen soll, lässt die Staatssekretärin offen. Allerdings, so Widmann-Mauz, hätten die von ihr geförderten Trägerorganisationen Sicherheit. „Die Projektförderungen laufen auch während der Corona-Krise weiter“, erklärt die Staatsministerin gegenüber MiGAZIN.
Grüne fordern „Rettungsschirm Zivilgesellschaft“
Konkrete Forderungen für Hilfsmaßnahmen stellen die Grünen im Bundestag. Die migrationspolitische Sprecherin, Filiz Polat, erklärte diesem Magazin: „Die Hilferufe der Zivilgesellschaft dürfen nicht überhört werden. Auch kleine, gemeinnützige und oftmals ehrenamtlich getragene Organisationen der Zivilgesellschaft dürfen nicht hintenüberfallen.“
Einen entsprechenden Antrag, der dem MiGAZIN vorliegt, haben die Grünen bereits im Bundestag eingereicht. Sie fordern einen „Rettungsschirm Zivilgesellschaft“ explizit für kleine, gemeinnützige Organisationen, die bisher unter keine von der Bundesregierung bereitgestellten Rettungsschirme zur Corona-Pandemie fallen, damit „schnell und unbürokratisch Nothilfen für existenzbedrohte, zivilgesellschaftliche Organisationen“ gewährt werden kann. (bk) Leitartikel Panorama
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Hätte es diese Organisationen und tausende von Ehrenamtlichen 2015 und Folgejahre nicht gegeben, wären alle staatlichen Stellen im Chaos versunken.
Jetzt kann der Staat mal sowas wie Dankbarkeit beweisen und helfen.
Aber vermutlich reiben sich jetzt einige, z.B. die Herren Dobrindt u. Co, die Hände. Für die gehörten wir ja zur „Anti-Abschiebe-Industrie“.