Randale in Städten
Dreyer für Zurückhaltung, Kretschmer für Härte
Durchgreifen oder Deeskalieren? Die Politik ist sich uneins, wie Gewaltexzesse in deutschen Großstädten in den Griff zu bekommen sind. Derweil kommt es zu spontanen Demonstrationen gegen "Racial Profiling".
Montag, 27.07.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 26.07.2020, 14:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach den nächtlichen Krawallen in Frankfurt und Stuttgart in den vergangenen Wochen plädiert die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), für eine zurückhaltende Polizeistrategie. Die Polizei sollte „den Weg der Deeskalation gehen“, sagte sie. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) indes hält die jüngsten Ausschreitungen für die Folge eines über Jahre zu weichen Vorgehens der Polizei gegen Regelverstöße. Ähnlich argumentierte der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster.
Kretschmer sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Wir müssen unsere Werte, unsere Regeln bereits im Kleinen durchsetzen.“ Wenn das über Jahre nicht geschehe, „wenn man in kleinen Gruppen lärmend im Park sitzen und Alkohol trinken und Drogen nehmen kann und nie einer kommt und sagt, dass Schluss ist, dann werden aus 50 Leuten 500 oder mehr“.
Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster forderte „eine andere Politik der inneren Sicherheit“ insbesondere in einigen Großstädten. „Die verharmlosend tolerante urbane Wohlfühlpolitik in diesen Großstädten führt dazu, dass Täter kaum noch Sanktionen zu spüren bekommen und immer respektloser werden“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Staat müsse auch im Alltag seine Autorität wieder deutlich machen und klare Grenzen aufzeigen.
Malu: Bei uns hat das die Lage beruhigt
Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Dreyer sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, es gehe ja vor allem um eine Gruppe von Menschen, die unzufrieden seien, weil sie wegen Corona nicht feiern können. „Da hat sich Frust angestaut und auch Hass auf Behörden und die sogenannte Obrigkeit“, sagte sie. Rheinland-Pfalz habe gute Erfahrungen damit gemacht, die Sperrstunden von Kneipen aufzuheben. „Bei uns hat das die Lage beruhigt und zeigt deeskalierende Wirkung. Ob das auch in Großstädten wie Stuttgart oder Frankfurt funktioniert, kann ich nicht sagen“, räumte sie ein.
In Frankfurt und Stuttgart war es in den vergangenen Wochen zu schweren Ausschreitungen gekommen. Gruppen junger Erwachsener randalierten in beiden Städten, verletzten Polizisten und richteten teils schwere Schäden an Fahrzeugen, Straßen, Plätzen und Geschäften an. In Frankfurt gilt seit dem Wochenende ein nächtliches Betretungsverbot für den Opernplatz jeweils in den Nächten zu Samstag und Sonntag. Die Sicherheitsmaßnahmen sollen nach Stadtangaben bis September gelten.
Demo wegen „Racial Profiling“
Nach Angaben der Polizei kam es an diesem Wochenende nicht zu Zwischenfällen. Der Opernplatz sei am Samstag und Sonntag jeweils bis 1 Uhr friedlich geräumt worden. In der Nacht zum Sonntag kam es zu einer spontanen Demonstration gegen die Polizei. Etwa 150 Personen warfen den Beamten „Racial Profiling“ vor, das gezielte Kontrollieren von Menschen, die augenscheinlich einen Migrationshintergrund haben.
Der Städte- und Gemeindebund brachte mehr Alkoholverbote ins Gespräch. „Die überwiegend männlichen Randalierer – wie jene bei den Vorfällen in Stuttgart und Frankfurt – haben ein hohes Aggressionspotenzial, das sie dann unter Alkoholeinfluss ausleben“, argumentierte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Aus seiner Sicht sollten die Kommunen in größerem Umfang ermächtigt werden, für bestimmte Gebiete Alkoholverbote auszusprechen oder auch öffentliche Bereiche für bestimmte Zeiten zu sperren. (epd/mig) Aktuell Panorama
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