Streit geht weiter
Weitere Familien aus griechischen Camps angekommen
Um die Aufnahme von Flüchtlinge, die in Griechenland ausharren, wird weiter gerungen. Innenminister Seehofer kassiert Kritik für sein Nein zu gesonderten Länderaufnahmeprogrammen. Derweil sind weitere Familien aus den Lagern in Berlin gelandet.
Sonntag, 02.08.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 01.08.2020, 11:45 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Während Berlin und der Bund darüber streiten, ob die Hauptstadt zusätzliche Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen darf, sind weitere Schutzsuchende aus den dortigen Lagern in Deutschland angekommen. Wie das Bundesinnenministerium mitteilte, landeten am Freitagvormittag 22 Familien – insgesamt 90 Personen – auf dem Flughafen Berlin Schönefeld. Etwa die Hälfte von ihnen stammt aus Afghanistan. Weitere Schutzsuchende kommen aus Kamerun, Kongo, Somalia, Syrien, Irak und den palästinensischen Gebieten.
Deutschland hatte im März zugesagt, im Rahmen einer europäischen Hilfsaktion besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus den Lagern aufzunehmen. Mitte April war ein erster Flug mit 47 Kindern und Jugendlichen angekommen. Vor einer Woche kamen weitere 18 Familien, insgesamt 65 Menschen.
Streit entbrannt
Insgesamt sollen 243 behandlungsbedürftige Kinder mit ihren Familienangehörigen – insgesamt 928 Personen – in Deutschland aufgenommen werden. Nach ihrer Ankunft werden die Flüchtlinge auf die Bundesländer verteilt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will dabei die Länder verstärkt berücksichtigen, die sich für zusätzliche Aufnahmen ausgesprochen hatten.
Über die Aufnahme von Schutzsuchenden aus den überfüllten Lagern in Griechenland ist ein Streit entbrannt. Seehofer verweigerte Berlin sein Einvernehmen für ein vom Senat geplantes eigenes Aufnahmeprogramm. Auch Thüringen wollte ein eigenes Landesprogramm auflegen.
Thüringen droht mit juristischen Schritten
Berlin will 300 Schutzsuchende aufnehmen, soll im Rahmen der Aufnahmeaktion des Bundes aber nur 150 zugewiesen bekommen. Da gehe noch mehr, sagte der Sprecher des Innensenats, Martin Pallgen, dem epd. Zur Frage einer möglichen Klage gegen den Bund, um die Aufnahme von mehr Menschen durchzusetzen, sagte Pallgen indes, dies sei nicht vorrangiges Ziel des Senats.
Allerdings drohte die Linksfraktion in Thüringen mit juristischen Schritten. Seehofers Abschottungspolitik müsse ein Riegel vorgeschoben werden, erklärten die Sprecher für Antirassismus und Migration, Katharina König-Preuss und Patrick Beier, am Freitag in Erfurt. Entsprechende Rechtsgutachten lägen vor.
Grüne: Länder nicht ausbremsen
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt kritisierte Seehofer. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum das Bundesinnenministerium die Aufnahmebereitschaft engagierter Bundesländer wie Berlin und Thüringen in den Wind schlägt“, sagte Göring-Eckardt der „Welt“. Die Integration finde vor Ort statt, und das Bundesinnenministerium dürfe hilfsbereite Länder und Kommunen „nicht länger ausbremsen“. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) erklärte dagegen: „Es gibt erhebliche rechtliche und organisatorische Probleme für ein gesondertes Landesprogramm.“
Kritik kam auch vom Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Er könne nicht verstehen, warum die Bereitschaft, 300 Menschen aufzunehmen, blockiert werde, sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „dunja hayali“. Der Sprecher der Seenotrettungsorganisation „Sea Watch“ sagte dem „Domradio“, die Entscheidung Seehofers sei „schäbig“. (epd/mig) Aktuell Politik
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