Studie
Flüchtlingsaufnahme in Ostdeutschland hat Fremdenfeindlichkeit kaum beeinflusst
Die Aufnahme von Flüchtlingen hat das Wahlverhalten oder fremdenfeindliche Einstellungen kaum verändert. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung.
Mittwoch, 23.09.2020, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.09.2020, 16:57 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Aufnahme von Flüchtlingen hat nach einer Studie Wahlverhalten und Einstellungen zur Migration in ostdeutschen Gemeinden kaum beeinflusst. In den 236 untersuchten Kommunen seien ablehnende Einstellungen zur Migration zwar weit verbreitet. Der Zuzug von Flüchtlingen direkt vor Ort habe diese Einstellungen aber fast nicht verändert, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Analyse von Forschern des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) und der New York University.
„Die weit verbreiteten Vorbehalte gegen Migration scheinen sich also weniger auf die Situation vor Ort, als vielmehr auf die Auswirkung von Migration auf die Gesellschaft als Ganzes zu beziehen“, schlussfolgerte Max Schaub vom WZB. Für ihre Untersuchung analysierten die Sozialwissenschaftler 236 Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen, in denen vor der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 weniger als 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung Ausländer waren.
Fremdenfeindlichkeit kaum verändert
Etwa in der Hälfte dieser Gemeinden wurden ab 2015 Migranten untergebracht, die dann mit den anderen Kommunen verglichen wurden. Dafür untersuchten die Forscher lokale Wahlergebnisse und befragten mehr als 1.300 Personen. Demnach hat der Zuzug von Migranten weder zu mehr noch zu weniger Fremdenfeindlichkeit geführt. Persönliche Erfahrungen mit Geflüchteten scheinen also nicht ausschlaggebend zu sein für generelle Einstellungen und das Wahlverhalten, wie die Wissenschaftler schlussfolgerten.
„Unser Ziel war herauszufinden, ob sich die Einstellungen und das Verhalten der Einheimischen gegenüber Zugewanderten verändern, wenn diese direkt vor Ort zusammenleben. Neben steigender Fremdenfeindlichkeit wäre auch denkbar gewesen, dass der direkte Kontakt zu positiveren Einstellungen gegenüber Fremden führt“, erläutert Johanna Gereke vom MZES. Beides sei nicht der Fall gewesen. Persönliche Erfahrungen mit Geflüchteten scheinen also nicht ausschlaggebend zu sein für generelle Einstellungen und das Wahlverhalten, schlussfolgern die Wissenschaftler:innen.
Zum Aufstieg der AfD beigetragen
Das bedeute aber nicht, dass der Zuzug von Flüchtlingen überhaupt keinen Einfluss auf das Wahlverhalten und die Einstellungen der eingesessenen Bevölkerung gehabt habe: „Einerseits ist es plausibel, dass die Aufnahme zahlreicher Geflüchteter seit 2015 zu steigenden Ressentiments und zum Aufstieg der AfD in den letzten Jahren beigetragen hat. Mit unserer Studie zeigen wir aber, dass dies nicht davon abhängt, ob die Menschen in ihrem direkten Umfeld mit Flüchtlingen konfrontiert sind“, erklären Gereke und Schaub.
Eine weitere interessante Beobachtung hat das Wissenschaftlerteam gemacht: In den Gemeinden, die Geflüchtete aufgenommen haben, gingen die Meinungen zur Einwanderung etwas weniger auseinander, als in Gemeinden ohne Zuzug. So wirkte die Anwesenheit von Flüchtlingen auf Personen mit politisch eher rechten, einwanderungsfeindlichen Einstellungen der Studie zufolge etwas mäßigend. Umgekehrt seien Personen mit eher linken, einwanderungsfreundlichen Einstellungen bei der Ansiedlung von Flüchtlingen in ihrer Gemeinde diesbezüglich etwas kritischer geworden. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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