Corona-Leugner-Demo
Kein Ermittlungsverfahren wegen Anne-Frank-Vergleich
Große Empörung hat eine Elfjährige ausgelöst, die sich bei einer Corona-Leugner-Demo mit dem jüdischen Mädchen Anne Frank verglichen hat. Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten gibt es laut Staatsanwaltschaft Karlsruhe aber nicht. Innenminister: Instrumentalisierung einer Elfjährigen „erbärmlich und perfide“.
Mittwoch, 18.11.2020, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 17.11.2020, 17:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach dem Anne-Frank-Vergleich einer Elfjährigen bei einer „Querdenker“-Demonstration in Karlsruhe wird die Staatsanwaltschaft Karlsruhe kein Ermittlungsverfahren einleiten. Es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten vor, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dem „Evangelischen Pressedienst“ am Dienstag. Unabhängig davon, dass das Mädchen nicht strafmündig sei, erfüllten die Äußerungen auch keine Straftatbestände.
Am Samstag hatte die Elfjährige bei einer Kundgebung der Initiative „Querdenken 721“ ihre Situation während der Corona-Pandemie mit der des jüdischen Mädchens Anne Frank im Zweiten Weltkrieg verglichen. Auf der Bühne schilderte sie, dass sie ihre Geburtstagsfeier während Corona mit ihren Freunden heimlich habe feiern müssen, weil sie sonst vielleicht von Nachbarn verpetzt worden wären. „Ich fühlte mich wie bei Anne Frank, wo sie mucksmäuschenstill sein mussten, um nicht erwischt zu werden“, sagte das Mädchen, von dessen Auftritt auch ein Video im Internet zu finden war. Die Äußerungen hatte große Empörung ausgelöst.
In Karlsruhe sei ein elfjähriges Kind „instrumentalisiert, ja missbraucht“ worden, um krudeste Verschwörungstheorien zu verbreiten und die Gefahren des Corona-Virus zu leugnen, kritisierte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Dass Kinder benutzt würden, um sich mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu vergleichen, sei „erbärmlich und perfide“. Es zeige, wie skrupellos rechtsextremistisches und verschwörungsideologisches Gedankengut mit der Kritik an den staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie vermischt werde.
„Völlig unangebracht und geschmacklos“
Auf Twitter hatte die Polizei Karlsruhe den Vergleich als „völlig unangebracht und geschmacklos“ bezeichnet. Dass jemand eine harmlose Geburtstagsfeier mit einem jüdischen Mädchen vergleiche, dass um sein Leben fürchten musste, sei „völlig daneben und eine moralisch verwerfliche Aussage“, sagte ein Sprecher dem epd. Mittlerweile seien die Authentizität des Videos sowie die Identität der Elfjährigen festgestellt und der Wortlaut ihrer Rede erfasst worden. An der Demonstration der Initiative „Querdenken 721“ hatten am Samstag nach Schätzungen der Polizei etwa 1.000 Personen teilgenommen.
Der Sachverhalt ist uns bekannt und der Vergleich mit Anne Frank ist natürlich völlig unangebracht und geschmacklos. Wir prüfen daher eine strafrechtliche Relevanz.
— Polizei Karlsruhe (@Polizei_KA) November 15, 2020
Anne Frank schrieb ihr Tagebuch zwischen 1942 und 1944 in einem Versteck in Amsterdam. In dieser Zeit lebte sie mit ihrer Familie und vier weiteren Personen in einer im Hinterhaus verborgenen Wohnung auf engstem Raum. Im August 1944 wurden sie entdeckt und deportiert. Das Mädchen starb 1945 im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen. (epd/mig) Aktuell Panorama
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